Frankreich erweitert die Sonntagsarbeit
Um den Einzelhändlern die Möglichkeit zu geben, ihre durch Covid-19 entstandenen Umsatzeinbußen auszugleichen und den Kundenstrom über die Woche zu verteilen, hat das französische Arbeitsministerium die Präfekten aufgefordert, sich mit den lokalen Wirtschaftstreibenden zu beraten, um Ausnahmegenehmigungen für außerplanmäßige Ladenöffnungen am Sonntag zu erteilen. Sechzig Departements haben bereits ihre Genehmigung erteilt.
Grundsätzlich besteht in Frankreich – ähnlich wie in Deutschland – das Verbot von Sonntagsarbeit. Dem Arbeitnehmer steht eine tägliche und wöchentliche ununterbrochene Ruhezeit von jeweils 11 bzw. 35 Stunden zu, wobei der sich daraus ergebende wöchentliche Ruhetag grundsätzlich am Sonntag zu gewähren ist. Das französische Recht sieht aber zahlreiche Ausnahmen zu dieser Regel vor.
So erlaubt das Arbeitsgesetzbuch in bestimmten Branchen oder für bestimmte Tätigkeiten, den Arbeitnehmern im Wechsel einen anderen Tag als den Sonntag als Ruhetag zu gewähren. Die betroffenen Branchen und Tätigkeiten sind in Artikel L. 3132-12 und R. 3132-5 des Arbeitsgesetzbuchs abschließend aufgeführt. Hierzu gehören beispielsweise zahlreiche Betriebe des produzierenden Gewerbes (etwa aus der Energiewirtschaft, Metallurgie, Chemieindustrie, Lebensmittelindustrie etc.) aber auch Hotels, Restaurants, Blumenläden etc.
Für Industrieunternehmen, die aus wirtschaftlichen Gründen im kontinuierlichen Schichtbetrieb arbeiten, können Ausnahmen zum Verbot der Sonntagsarbeit auch per Tarifvertrag oder Betriebsvereinbarung festgelegt werden.
Weitere Ausnahmegenehmigungen, die das Arbeiten an Sonntagen ermöglichen, können darüber hinaus auch vom zuständigen Präfekten erteilt werden. Voraussetzung hierfür ist, dass das Kerngeschäft des Unternehmens der Art ist, dass ein Ruhen der Tätigkeit am Sonntag nachteilig für die Öffentlichkeit wäre oder den Betrieb des Unternehmens gefährden würde. Ein simples wirtschaftliches Interesse des Unternehmens allein reicht hingegen nicht aus.
Schließlich kennt das französische Recht auch noch standortabhängige Ausnahmen zum Verbot der Sonntagsarbeit, etwa für Gebiete mit hohem Touristenaufkommen, Gewerbegebiete und Bahnhofsgebiete, die jedoch von den zuständigen Behörden speziell hierfür ausgewiesen sein müssen.
Aufgepasst: Für die Departements Moselle, Bas-Rhin und Haut-Rhin gelten Sonderbestimmungen, die von den vorstehend beschriebenen Regelungen abweichen können.
Praxistipps:
- Prüfen Sie sorgfältig, ob Ihr Unternehmen unter die Ausnahmeregelungen des französischen Arbeitsgesetzbuchs fällt und ob ggf. weitere Voraussetzungen erfüllt sein müssen (behördliche Genehmigungen, Betriebsvereinbarung, schriftliche Zustimmung der Arbeitnehmer etc.).
- Informieren Sie sich über etwaige Gehaltszuschläge und Ausgleichsruhetage.
- Nehmen Sie gegebenenfalls eine Klausel zur Sonntagsarbeit in den Arbeitsvertrag auf, um eine mögliche Ablehnung durch den Mitarbeiter zu verhindern.
14.07.2021