Haftpflichtversicherung deckt in Frankreich keine Bauschäden
Schäden, die unter die Bauschadenversicherung fallen, sind in Frankreich nicht durch die allgemeine Haftpflichtversicherung gedeckt.
In Frankreich besteht nach Art. L 241-1 I Code des assurances für jeden Bauunternehmer die Pflicht, vor einem Bauvorhaben eine zehnjährige Bauschadenversicherung (garantie décennale) abzuschließen, die die in den Art. 1792 ff. Code civil genannten Schäden deckt. Hiernach haftet der Bauunternehmer - aber auch alle weiteren am Bauwerk Beteiligten (wie etwa der Architekt) - dem Bauherrn für schwere Schäden, die im Laufe von zehn Jahren nach Abnahme auftreten können.
In dem entschiedenen Fall wurde ein Bauunternehmen mit dem Bau eines Schwimmbads und eines Technikraums beauftragt; drei Jahre nach der Abnahme wurden Versickerungen im Technikraum festgestellt. Der Bauherr verklagte daraufhin das Bauunternehmen sowie seinen Versicherer mittels Direktdurchgriff (action directe) und machte unter anderem einen Anspruch aus der Bauschadenversicherung nach Art. L 241-1 I Code des assurances sowie der Haftpflichtversicherung nach Art. L.124-5 Code civil geltend.
Die Vorinstanz, das Berufungsgericht Bordeaux, (15 Januar 2019 / n° 16-03336) vertrat auf Grundlage der vorgelegten Verträge die Auffassung, dass der Bauunternehmer mit dem Versicherer keine zehnjährige Bauschadenversicherung, sondern lediglich eine allgemeine Haftpflichtversicherung abgeschlossen hatte. Letztere reiche jedoch nicht aus, um auch die Bauschäden entsprechend einer Bauschadenversicherung zu decken.
Auch die Cour de Cassation (8 Juli 2021/n°19-15.165) wies die Klage des Bauherrn ab. Entsprechende Klauseln in den AGB der Verträge zwischen Bauunternehmer und seinem Versicherer sahen nämlich im Einzelnen vor, dass die Folgen der Bauschadenversicherung durch einen separaten Vertrag abgedeckt werden müssten. Diese Klausel interpretierten bereits die Vorinstanzrichter als einen Ausschluss der Bauschadenversicherung; somit bestehe aus dieser Anspruchsgrundlage kein Direktanspruch des Bauherrn gegen den Versicherer.
Da die vorliegenden Schäden nach ihrer Art unter die Bauschadenversicherung fielen, können sie auch nicht subsidiär aus der allgemeinen Haftpflichtversicherung geltend gemacht werden. Mithin bestätigt sich der Grundsatzes "specialia generalibus derogant“ (die spezielle Vorschrift verdrängt die allgemeine Vorschrift): bei Vorliegen von bauversicherungstypischen Schäden kann folglich kein Anspruch aus der allgemeinen Haftpflichtversicherung abgeleitet werden.
Aus Sicht von Bauunternehmen ist daher dringend angeraten, eine klare Vereinbarung mit dem Versicherer im Hinblick auf die Deckung der Bauschäden zu schließen. Eine derartige Versicherung ist nach französischem Recht ohnehin zwingend erforderlich – sie schützt auch im Falle von späteren Bauschäden.
Ergänzende Informationen finden Sie auch hier: VHV Bauversicherung in Frankreich
Cour de Cassation 8 juillet 2021 / n° 19-15.165.
08.10.2021