In Frankreich mit den Olympischen Spielen werben – was sind die Risiken?
Unternehmen, die ihr Marketing auf ein Großereignis wie die Olympischen Spiele ausrichten möchten, ohne dabei offizielle Werbepartner der Organisatoren zu sein, sollten sich über die rechtlichen Risiken informieren, die solche Kampagnen mit sich bringen können.
Die Olympischen Spiele der Neuzeit wurden 1894 auf Anregung des Franzosen Baron Pierre de Coubertin in Anlehnung an die antiken Festspiele in Olympia begründet. Bereits die zweite Ausgabe der wiederbelebten Spiele wurde in Paris ausgetragen. Einhundert Jahre nach der letzten dortigen Austragung (1924) kommen die Spiele 2024 wieder nach Paris.
Auch wenn der Sport im Vordergrund steht, haben die Olympischen Spiele inzwischen eine erhebliche wirtschaftliche Bedeutung erlangt. Die Kommerzialisierung der Spiele ist wohl der Hauptgrund dafür, dass die Verwendung der olympischen Symbole und Bezeichnungen rechtlich geschützt sind und ihre unbefugte Nutzung von den Rechtsinhabern auch vehement verfolgt wird.
So sollen die offiziellen Werbepartner und Sponsoren der Olympischen Spiele vor „Trittbrettfahrerei“ bzw. „Ambush Marketing“ durch Dritte geschützt werden. Diese Begriffe beschreiben die Verwendung rechtlich geschützter Symbole und Begriffe durch Unternehmen, um die mediale Aufmerksamkeit eines Großereignisses zu nutzen, ohne zahlender Partner der Veranstaltung zu sein.
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Was sind die „olympischen Eigentumsrechte“?
Das Internationale Olympische Komitee (IOC) verwaltet die olympische Bewegung und beansprucht alle Rechte an den olympischen Symbolen und an den Spielen selbst. Die 7. Regel der Olympischen Charta definiert das olympische Symbol, die olympische Fahne, den olympischen Wahlspruch, die olympische Hymne, die olympischen Begriffe (einschließlich der Begriffe „Olympische Spiele“ und „Spiele der Olympiade“), die olympischen Zeichen, die olympischen Embleme, das olympische Feuer und die olympische Fackel als „olympische Eigentumsrechte“. Diese Symbole werden als ausschließliches Eigentum des IOC bezeichnet, was auch die Nutzung in Gewinnerzielungsabsicht oder zu kommerziellen oder Werbezwecken umfasst. Eine Nutzung der „olympischen Eigentumsrechte“ ist danach nur mit einer entsprechenden Lizenz des IOC zulässig.
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Spezialgesetzlicher Schutz der olympischen Zeichen und Symbole
Der Artikel L.141-5 des französischen Sportgesetzbuches (Code du Sport) bestimmt, dass das Nationale Olympische und Sportliche Komitee Frankreichs (CNOSF) Inhaber der nationalen olympischen Embleme und „Verwahrer“ der folgenden Erkennungszeichen ist:
- der olympischen Embleme, der Flagge, des olympischen Mottos und des olympischen Symbols,
- der olympischen Hymne,
- des Logos, des Maskottchens, des Slogans und der Plakate der Olympischen Spiele,
- des Jahrgangs der Olympischen Spiele „Stadt + Jahr“,
- der Begriffe „Olympische Spiele“, „Olympismus" und „Olympiade“ sowie der Abkürzung „JO“ (für „Jeux Olympiques“),
- der Begriffe „olympisch“ und „olympianisch“, außer im allgemeinen Sprachgebrauch, sofern keine Verwendung zu werblichen oder kommerziellen Zwecken vorliegt und jede Gefahr einer Verwechslung mit der olympischen Bewegung ausgeschlossen ist.
Absatz II der Vorschrift bestimmt weiter, dass die Anmeldung der vorgenannten Zeichen als Marke, ihre Vervielfältigung, Nachahmung, Anbringung, Entfernung oder Veränderung ohne Erlaubnis des CNOSF wie eine Markenverletzung gemäß den Artikeln L.716-9 ff. Code de la propriété intellectuelle geahndet wird.
Einen vergleichbaren sondergesetzlichen Schutz der olympischen Zeichen und Symbole gibt es auch in anderen Ländern (so z. B. auch in Deutschland mit dem Olympiaschutzgesetz vom 31. März 2004). Dies erklärt sich wohl nicht zuletzt durch die Tatsache, dass das IOC die Olympischen Spiele seit einigen Jahren nur noch an Länder vergibt, die einen effektiven Schutz der olympischen Embleme und Bezeichnungen gewährleisten.
Nach der Rechtsprechung der französischen Gerichte wurde mit Artikel L.141-5 Code du sport ein eigenständiges Schutzregime geschaffen, für dessen Anwendung es nicht auf die Voraussetzungen einer Markenverletzung ankommt (vgl. Cass. Com. Urteil vom 15.9.2009, Az. 08-15.418). Die kommerzielle Nutzung der olympischen Begriffe und Symbole ist untersagt, ohne dass hierfür ein Schaden nachgewiesen werden muss (vgl. Berufungsgericht Versailles, Urteil vom 10.3.2016, Az. 14/00536).
Allerdings stellte das Berufungsgericht Versailles in dem vorgenannten Urteil auch fest, dass die Vorschrift des Artikels L.141-5 Code du sport eng auszulegen ist und nicht auf Begriffe ausgedehnt werden kann, die darin nicht ausdrücklich genannt sind. Mit dieser Begründung hat das Gericht den spezialgesetzlichen Schutz der Abkürzung „J.O.“ abgelehnt, die sich seinerzeit noch nicht in der Liste der geschützten Begriffe befand.
Aus diesem Grund hat der französische Gesetzgeber im Jahr 2018 die Liste der spezialgesetzlich geschützten Begriffe und Symbole mit Blick auf die Ausrichtung der Sommerspiele 2024 in Paris erheblich erweitert. Mit der erweiterten Liste der geschützten Symbole und Bezeichnungen (siehe oben) geht der Schutzumfang des Code du sport über den des deutschen Olympiaschutzgesetzes hinaus, welches nur das Symbol des IOC bestehend aus fünf ineinander verschlungenen Ringen sowie die Wörter „Olympiade“, „Olympia“, „olympisch“ (allein oder in Zusammensetzung) sowie die entsprechenden Wörter oder Wortgruppen in anderen Sprachen schützt. Allerdings ist anzumerken, dass nach beiden Gesetzen auch die Verwendung ähnlicher Begriffe und Symbole untersagt ist, falls wegen der Ähnlichkeit die Gefahr von Verwechslungen besteht.
Seine Grenzen findet der spezialgesetzliche Schutz des Artikels L.141-5 Code du sport im Recht auf freie Meinungsäußerung und in der Informationsfreiheit. Allerdings ist die Abgrenzung zwischen einer Nutzung zu Informationszwecken und einer Nutzung zu werblichen oder kommerziellen Zwecken nicht immer einfach, insbesondere falls die Nutzung gleichzeitig mehrere Zwecke verfolgt.
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Schutz der olympischen Symbole und Zeichen durch Marken und Designs
In Ergänzung zu dem spezialgesetzlichen Schutz der olympischen Zeichen haben das IOC, das CNOSF und das Organisationskomitee der Sommerspiele 2024 (COJO) für das französische Territorium zahlreiche Marken und Designs eintragen lassen.
Speziell in Bezug auf die Olympischen Sommerspiele 2024 in Paris sind z. B. die Bezeichnungen „JO 2024“, „Paris 2024“, zahlreiche weitere Begriffe in Verbindung mit der Zahl 2024, sowie diverse Logos als französische nationale Marken (zum Teil auch als Unions- und IR-Marken) für eine Vielzahl von Waren und Dienstleistungen eingetragen. Als Designs wurden in Frankreich mehrere Logos sowie eine spezielle Schriftart eingetragen.
Für den marken- und designrechtlichen Schutz gelten die allgemeinen rechtlichen Grundsätze und Regeln.
Ergänzend kommt in Frankreich auch ein Schutz der olympischen Symbole als nicht eingetragene notorisch bekannte Marken nach Artikel 6bis der Pariser Verbandsübereinkunft zum Schutz des gewerblichen Eigentums vom 20. März 1883 hinzu, die von den Gerichten in der Vergangenheit bereits für den Begriff „olympique” und das olympische Symbol der vier Ringe bestätigt wurden (vgl. nur TGI Paris, Urteil vom 7.6.2018, Az. 16/10605).
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Schutz der olympischen Symbole und Zeichen durch das Wettbewerbsrecht
Ergänzend können nach französischem Recht Unterlassungs- und Schadensersatzansprüche wegen einer Verwendung der olympischen Symbole und Zeichen auch auf das Deliktsrecht gestützt werden. Sowohl das Recht des unlauteren Wettbewerbs als auch das Verbot der Aneignung fremder Investitionen (parasitäres Verhalten oder auch „Trittbrettfahrerei“) sind nach französischem Recht Anwendungsfälle der deliktsrechtlichen Generalklausel in den Artikeln 1240 und 1241 Code Civil, die anders als der § 823 BGB keine Verletzung eines absoluten Rechts voraussetzen und auch den Ersatz von Vermögensschäden ermöglichen.
Wie das Berufungsgericht Paris in seinem Urteil vom 8.6.2018 (Az. 17/12912) ausführte, berechtigt die Gewerbefreiheit Marktteilnehmer nicht dazu, eine Verwechslungsgefahr mit solchen Wettbewerbern zu schaffen und aufrechtzuerhalten, die offizielle Werbepartner der fraglichen Veranstaltung sind, indem er kostenfrei von den Investitionen profitiert, die diese zur Begründung ihrer Werbepartnerschaft getätigt haben. Eine Verletzung dieses Grundsatzes stellt also eine Pflichtverletzung dar, die zu Schadensersatz verpflichtet, sofern dadurch eine Verwechslungsgefahr geschaffen wird.
Vergleichbares gilt nach der französischen Rechtsprechung auch außerhalb eines Wettbewerbsverhältnisses, so dass sich etwa das CNOSF auf eine parasitäre Ausnutzung der von ihm getätigten Investitionen gegenüber Unternehmen berufen kann, mit denen es nicht im Wettbewerb steht (vgl. Berufungsgericht Versailles, Urteil vom 10.3.2016, Az. 14/00536). Parasitäres Verhalten, also ein Verhalten, welches darin besteht, sich in den Windschatten eines anderen Wirtschaftsteilnehmers zu begeben, um kostenfrei von dessen Know-how und dessen Investitionen zu profitieren, ist nach ständiger Rechtsprechung pflichtwidrig. Hierfür ist weder das Vorliegen einer Verwechslungsgefahr noch ein Wettbewerbsverhältnis zwischen den Beteiligten erforderlich.
Daneben begründen die Gerichte den deliktsrechtlichen Schutz des Begriffes „olympique“ bisweilen ergänzend auch mit einer Verletzung der Rechte des französischen nationalen olympischen Komitees an seinem Namen, der dieses Wort enthält („Comité National Olympique et Sportif Francais“, vgl. Tribunal de Grande Instance Paris, Urteil vom 7.6.2018, Az. 16/10605).
Schließlich ist eine Sanktion der Nutzung der olympischen Begriffe und Zeichen auch auf der Grundlage des Artikels L.121-2 des französischen Verbraucherschutzgesetzes über irreführende Geschäftspraktiken denkbar. Danach ist die Vermarktung eines Produkts irreführend und somit rechtswidrig, die eine Verwechslungsgefahr mit einem Produkt oder Unternehmenskennzeichen eines Mitbewerbers begründet. Zudem sind Geschäftspraktiken untersagt, die auf falschen oder irreführenden Behauptungen, Angaben oder Darstellungen in Bezug auf die Person, die Eigenschaften oder die Rechte des Unternehmers oder seines Vertreters, wie Identität und Vermögen, seine Befähigungen, seines Status, seine Zulassung enthalten, sofern sie geeignet sind, einen Marktteilnehmer zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte.
Die Verwendung der olympischen Bezeichnungen und Symbole für die Kennzeichnung oder Bewerbung von Waren oder Dienstleistungen können beim Verbraucher unter Umständen die irrige Vorstellung erwecken, dass der Werbende ein offizieller Partner der olympischen Spiele ist und im Auftrag des Organisationskomitees handelt.
17.12.2021