AGB Inhaltskontrolle in Frankreich (die sog. rechtsmissbräuchlichen Klauseln)
Eine Verordnung legt die Liste der rechtsmissbräuchlichen Klauseln in Frankreich fest
Anders als im deutschen Recht kannte man im französischen Recht die Inhaltskontrolle von AGB nicht. Bislang legte eine hierfür eine spezialisierte Kommission bestimmte kritsche Klauseln fest. Nunmehr werden rechtsmissbräuchlichen Klauseln per Verordnung festgelegt, wobei weiter zwischen „grauen Klauseln“ und „schwarzen Klauseln“ unterschieden wird.
In Anwendung des Artikels 86 des Gesetzes zur Modernisierung der Wirtschaft hat der französische Staatsrat eine Liste von Klauseln, welche unwiderlegbar als rechtsmissbräuchlich betrachtet werden müssen, und eine Liste von Klauseln, welche als rechtsmissbräuchlich angesehen werden, aufgestellt (französisches Verbraucherschutzgesetzbuch, Art. L.132-1 geändert durch Gesetz Nr. 2008-776 vom 4. August 2008 Artikel 86).
Es wird weiter zwischen „schwarzen Klauseln“ und „grauen Klauseln“ unterschieden aber die Berücksichtigung von Klauseln als rechtsmissbräuchlich obliegt von nun an der Verordnungsgewalt und nicht mehr der Kommission für rechtsmissbräuchliche Klauseln.
- Die „schwarzen Klauseln“
Der neue Artikel R. 132-1 des französischen Verbraucherschutzgesetzbuches bestimmt die Klauseln, welche unwiderlegbar als rechtsmissbräuchlich betrachtet werden müssen, wenn sie die Ausgewogenheit des Vertrages zwischen Unternehmern und Nichtunternehmern oder Verbrauchern schwer gefährden.
Diese Klauseln bewirken insbesondere, dass
- der Nichtunternehmer oder der Verbraucher Klauseln, welche im von ihm unterzeichneten schriftlichen Dokument nicht enthalten sind, anerkennt;
- der Unternehmer die durch seine Gehilfen oder Bevollmächtigten eingegangenen Verpflichtungen nicht streng einhalten muss;
- dem Unternehmer das Recht vorbehalten ist, die Vertragsklauseln über die Vertragsdauer, die Merkmale oder den Preis der zu liefernden Ware oder der zu erbringenden Dienstleistung einseitig zu ändern;
- der Nichtunternehmer oder der Verbraucher dazu gezwungen ist, seinen Verpflichtungen nachzukommen, während der Unternehmer seine Verpflichtungen zur Lieferung, die übernommenen Garantien bezüglich einer Ware oder seine Verpflichtung zur Erbringung einer Dienstleistung nicht erfüllt;
- der Nichtunternehmer oder der Verbraucher die Beweislast trägt, obwohl die andere Partei sie nach dem anwendbaren Recht tragen sollte.
- Die „grauen Klauseln“
Im neuen Artikel R. 132-2 werden die Klauseln, welche als rechtsmissbräuchlich angesehen werden, aufgelistet. Vorbehaltlich des Nachweises des Gegenteils durch den Unternehmer, handelt es sich insbesondere um folgende Klauseln, welche bewirken dass
- sich der Nichtunternehmer oder der Verbraucher unwiderruflich verpflichtet, obwohl die Leistungen des Unternehmers unter einer Bedingung, deren Eintritt von seinem einzigen Willen abhängt, erbracht werden;
- der Unternehmer durch den Nichtunternehmer oder den Verbraucher ausgezahlte Summen beibehalten darf, wenn dieser darauf verzichtet, den Vertrag abzuschließen oder auszuführen, ohne dass dem Nichtunternehmer oder dem Verbraucher auch das Recht gewährt wird, eine Entschädigung ich gleicher Höhe oder doppelt so hoch im Falle einer Anzahlung im Sinne des Artikels L. 114-1 zu erhalten, wenn der Unternehmer auf den Vertrag verzichtet;
- der Unternehmer die Möglichkeit hat, den Vertrag ohne Einhaltung einer angemessenen Kündigungsfrist zu kündigen.
Diese Bestimmungen gelten für Verträge jeglicher Art: Bestellscheine, Rechnungen, Garantiescheine, Lieferscheine, Scheine oder Bons, welche frei oder nicht frei verhandelte Bestimmungen oder Verweise auf im Voraus festgelegte Allgemeine Geschäftsbedingungen enthalten.
Das Nebeneinanderbestehen der zwei Klauseln erlaubte nämlich bisher nicht, angesichts des Vorrangs des Gesetzes vor der Verordnung, im Anhang mit Gesetzeskraft aufgeführte Klauseln per Verordnung zu verbieten, selbst wenn sie sowohl durch die Kommission für rechtsmissbräuchliche Klauseln als auch durch die Rechtsprechung systematisch als rechtsmissbräuchlich anerkannt wurden:
- Entweder waren die Klauseln als rechtsmissbräuchlich angesehen, weil sie in dem nunmehr aufgehobenen Anhang des Artikels L. 132-1 des französischen Verbraucherschutzgesetzbuches aufgeführt waren. Dieser Anhang mit Gesetzeskraft nahm in Wirklichkeit den Anhang der Richtlinie 93/13 EG vom 5. April 1993 über die rechtsmissbräuchlichen Klauseln wieder auf. Es handelte sich um gesetzlich festgelegte „graue Klauseln“, für welche der Verbraucher den Nachweis ihres rechtsmissbräuchlichen Charakters erbringen musste,
- oder die Klauseln waren per staatlicher Verordnung gemäß Absatz 2 des Artikels L. 132-1 verboten. Es handelte sich um die per Verordnung festgelegten „schwarze Klauseln“, für welche der Verbraucher den Nachweis ihres rechtsmissbräuchlichen Charakters nicht erbringen musste.
Das Gesetz zur Modernisierung der Wirtschaft und die Verordnung vom 18. März 2009 setzen folglich einem rechtlichen Paradoxon und somit zwei unterschiedlichen rechtlichen Regelungen ein Ende.
20.04.2009