Gerichtsstandsklauseln in AGB: Frankreich stellt höhere Anforderungen
Viele deutsche Unternehmen machen die Erfahrung, dass Gerichtsstandsklauseln in AGB von französischen Gerichten häufig nicht anerkannt werden – selbst wenn sie in Deutschland problemlos gelten. Gerade bei deutsch-französischen Verträgen ist die Wirksamkeit der Gerichtsstandsvereinbarung von entscheidender praktischer und rechtlicher Bedeutung.
Sachverhalt
Ein deutsches Unternehmen verwies in seinem Vertragsangebot auf seine AGB, die eine Gerichtsstandsklausel zugunsten deutscher Gerichte enthielten. Die AGB standen jedoch nur über einen deutschsprachigen Link zur Verfügung – eine aktive Übermittlung an den französischen Geschäftspartner erfolgte nicht. Zudem gab es keine Version der AGB in der Vertragssprache.
Entscheidung
Mit Urteil vom 7. Mai 2025 hat die Cour de cassation die formalen Anforderungen an die Wirksamkeit von Gerichtsstandsvereinbarungen in AGB weiter präzisiert und dabei Art. 25 der Brüssel-Ia-VO zugrunde gelegt:
Die Klausel ist nur wirksam, wenn der Vertragspartner vor Vertragsschluss tatsächlichen und verständlichen Zugang zu den AGB hatte. Ein bloßer Hinweis oder Link – insbesondere in einer Sprache, die der Vertragspartner nicht versteht – genügt nicht.
Da diese Voraussetzungen im vorliegenden Fall nicht erfüllt waren, erklärte das Gericht die Klausel für unwirksam; die französischen Gerichte blieben international zuständig.
Praxisrelevanz: Unterschiedliche Rechtsregime für Gerichtsstands- und sonstige AGB-Klauseln
Die oben genannten Anforderungen aus Art. 25 Brüssel-Ia-VO gelten ausschließlich für Gerichtsstandsklauseln. Für andere AGB-Klauseln – beispielsweise zu Haftungsbegrenzung, Eigentumsvorbehalt, Lieferfristen oder Vertragsauflösung – ist im deutsch-französischen Warenverkehr häufig das UN-Kaufrecht (CISG) einschlägig.
Obwohl unterschiedliche Regeln anwendbar sind, kommen diese in der Regel zu demselben Ergebnis. Nach Art. 8 und 9 CISG gilt nämlich ebenfalls, dass:
- AGB nur dann Vertragsbestandteil werden, wenn der Vertragspartner sie rechtzeitig, spätestens bei oder vor Vertragsschluss, tatsächlich einsehen konnte.
- Ein bloßer Hinweis auf die AGB oder eine nachträgliche Übersendung nicht ausreicht.
- Der Verwender im Streitfall nachweisen muss, dass die AGB tatsächlich zugänglich waren und verstanden werden konnten.
Konsequenz
Ohne Nachweis der rechtzeitigen und verständlichen Übermittlung sind zentrale AGB-Klauseln, insbesondere zur Haftung, in Frankreich kaum durchsetzbar.
Checkliste: So stellen Sie als deutsches Unternehmen die Wirksamkeit sicher
- Gerichtsstandklausel und weitere wichtige Klauseln (z. B. zu Lieferterminen, Haftung, Kündigung, Rechtswahl) direkt im Vertrag, Angebot oder der Auftragsbestätigung aufführen.
- Einen ausdrücklichen und gut sichtbaren Verweis auf die AGB im Vertrag oder in der Bestellung einfügen.
- AGB vor Vertragsschluss aktiv als PDF oder in gedruckter Form an den französischen Vertragspartner übermitteln.
- Ist dies materiell nicht möglich, kann auch ein Hyperlink versendet werden, sofern der Vertragspartner die AGB im elektronischen Format als PDF herunterladen und speichern kann.
- Sicherstellen, dass die AGB in einer für den Vertragspartner verständlichen Sprache vorliegen (idealerweise in der Vertragssprache).
- Zugang und Kenntnisnahme dokumentieren – idealerweise durch eine schriftliche Bestätigung (Unterschrift) des Vertragspartners.
Fazit
Deutsche Unternehmen, die Verträge mit französischen Geschäftspartnern schließen, sollten bei der Einbeziehung und Übermittlung der AGB besondere Sorgfalt walten lassen. Andernfalls droht das Risiko, im Streitfall vor französischen Gerichten den Schutz wesentlicher Klauseln zu verlieren, was zu erheblichen Kosten- und Haftungsfolgen führen kann.
07.07.2025