Kündigungsmöglichkeit bei Verletzung einer Ethik-Charta in Frankreich
Mit seinem Urteil vom 5. Mai 2021 hat das Berufungsgericht Paris erneut die Bedeutung von Ethik-Charten für Vertragsbeziehungen im B2B-Bereich in den Fokus gerückt. Um nicht Gefahr zu laufen, dass langjährige Vertragsbeziehungen aufgrund einer Verletzung der Charta fristlos gekündigt werden, sollten ihre Regelungen dem Vertragspartner daher genau bekannt sein.
Das Berufungsgericht Paris bestätigte im vorliegenden Fall die fristlose Kündigung eines Liefervertrages aufgrund von korrupten Praktiken auf Seiten des Lieferanten. Der Geschäftsführer des Lieferanten hatte – und dies trat bei internen Ermittlungen bei dem Auftraggeber zum Vorschein – einem leitenden Angestellten des Auftraggebers nicht nur eine Aktentasche sowie eine Champagnerkiste, sondern auch noch eine Reise mit Übernahme sämtlicher Kosten für ihn und dessen Ehefrau zugutekommen lassen.
Die von dem Auftraggeber ausgegebene Ethik-Charta fordert hingegen die Ablehnung jeglicher Korruptionshandlungen und verbietet „jegliche direkte oder indirekte Vergütung von Mitarbeitern, die in die Einkaufsbeziehung involviert sind und dies auf jeder Ebene“.
Bereits in zwei anderen Urteilen aus den Jahren 2019 und 2021 hatte dasselbe Gericht fristlose Kündigungen aufgrund von besonders schwerwiegenden Verletzungen der Ethik-Charten bestätigt.
Praxistipps:
- Die Vorschriften in den Charten können unterschiedlicher Art sein und unter anderem Sorgfaltspflichten, arbeitsrechtliche Vorgaben oder die Bekämpfung von Korruption betreffen.
- Spätestens seit den Urteilen des Berufungsgerichts Paris sollte den Ethik-Charten im B2B-Geschäftsverkehr eine erhöhte Aufmerksamkeit zuteilwerden. Besonders bei Geschenken ist Vorsicht geboten und im Zweifel lohnt ein Blick in die Charta.
- Seien Sie sich bei Vertragsschluss über den Inhalt einer Charta des Vertragspartners bewusst und achten Sie während der Vertragslaufzeit auf die Einhaltung der Vorgaben. Zunehmend durchgeführte unternehmensinterne Ermittlungen führen vermehrt zur Aufdeckung von Verstößen.