Zahlungsgarantie im Subunternehmervertrag: Aktuelle französische Rechtsprechung
Das französische Kassationsgericht (Cour de cassation) musste am 30. April 2025 (Urteil Nr. 23-19.086) entscheiden, wann im Rahmen eines Subunternehmervertrags die gesetzlich vorgeschriebene Zahlungsgarantie bereitgestellt werden muss, insbesondere bei Verträgen mit aufschiebender Bedingung.
Sachverhalt
Gegenstand der Entscheidung war ein Subunternehmervertrag, der im Oktober 2017 unterzeichnet wurde. Der Vertrag sah vor, dass er erst dann wirksam wird, wenn der Bauherr (maître de l’ouvrage) sowohl den Subunternehmer als auch dessen Zahlungsbedingungen ausdrücklich genehmigt. Diese Genehmigung und die Vereinbarung einer Zahlungsdelegation erfolgten im April 2018. Bis zu diesem Zeitpunkt wurden durch den Subunternehmer keine Arbeiten ausgeführt. Der Subunternehmer beantragte dennoch die Nichtigkeit des Vertrages, da ihm zum Zeitpunkt der Unterzeichnung keine Zahlungsgarantie zur Verfügung stand.
Rechtliche Bewertung durch das Gericht
Nach französischem Recht, insbesondere Artikel 14 Absatz 1 des Subunternehmergesetzes vom 31. Dezember 1975, ist der Hauptunternehmer verpflichtet, dem Subunternehmer spätestens bei Vertragsschluss eine Zahlungsgarantie (entweder durch eine Bürgschaft eines zugelassenen Kreditinstituts oder durch eine vom Bauherrn bereitgestellte Zahlungsdelegation) zur Verfügung zu stellen. Diese Vorschrift dient dem Schutz des Subunternehmers vor Zahlungsrisiken.
Fraglich war, ob sich der maßgebliche Zeitpunkt für das Bereitstellen der Garantie auf das Datum der Vertragsunterzeichnung oder auf das Wirksamwerden des Vertrages (also nach Erfüllung der vereinbarten Bedingung) bezieht – in diesem Fall also auf den Zeitpunkt der Genehmigung durch den Bauherrn und dessen Akzeptanz der Zahlungsbedingungen.
Die Cour de cassation lehnte die Nichtigkeitsklage des Subunternehmers ab und stellte klar: Die Parteien eines Subunternehmervertrages können wirksam vereinbaren, dass der Vertrag erst ab dem Zeitpunkt gilt, zu dem der Bauherr den Subunternehmer und dessen Zahlungsbedingungen akzeptiert. In einem solchen Fall genügt es, wenn die gesetzlich vorgeschriebene Zahlungsgarantie spätestens zu diesem Zeitpunkt besteht.
Maßgeblich für die Entscheidung war auch, dass der Subunternehmer seine Leistung erst nach Bereitstellung der Garantie und nach Eintritt der aufschiebenden Bedingung begonnen hatte. Hätte der Subunternehmer bereits vor Vorliegen der Garantie seine Tätigkeit aufgenommen, hätte das Gericht den Vertrag wohl als nichtig angesehen.
Praktische Empfehlungen für Unternehmen
- Vertragliche Klarheit: Die aufschiebende Bedingung (clause suspensive) sollte ausdrücklich formuliert sein, mit eindeutig geregeltem Zeitpunkt des Wirksamwerdens und der Garantiepflicht.
- Keine vorzeitige Leistungsaufnahme: Der Subunternehmer darf seine Arbeiten erst nach Bereitstellung der Zahlungsgarantie aufnehmen.
- Koordination aller Beteiligten: Hauptunternehmer, Bauherr und gegebenenfalls die Bank sollten eng zusammenarbeiten, damit Genehmigung, Garantie und Zahlungskonditionen aufeinander abgestimmt sind.
- Dokumentation: Der Beginn der Arbeiten sowie die Bereitstellung der Garantie sollten sorgfältig dokumentiert werden, um im Streitfall die Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben nachweisen zu können.
Fundstelle: Cass. 3e civ. 30-4-2025 n° 23-19.086 FS-B, Sté Viater c/ Sté Fayat bâtiment
Mehr Informationen zum Subunternehmerrecht in Frankreich finden Sie in unserem Merkblatt Zusammenarbeit mit Subunternehmern in Frankreich (Sous-Traitance)
29.07.2025