Auflösung einer Gesellschaft (sog. TUP) und Übergang höchstpersönlicher Rechte
Im Falle einer Auflösung einer Gesellschaft (sog. TUP) und der Anwachsung gehen auch alle Forderungen und Verbindlichkeiten aus höchstpersönlichen Verträgen auf den Alleingesellschafter über
Gemäß Artikel 1844-5 Abs. 3 des französischen Zivilgesetzbuches hat die Auflösung einer Gesellschaft, die zu 100% durch eine andere Gesellschaft gehalten wird (Beispiel: Eine GmbH hält sämtliche Anteile an einer SAS oder SARL), anders als in Deutschland nicht deren Liquidation zur Folge, sondern nach widerspruchslosem Ablauf einer 30-tägigen Widerspruchsfrist, die Übertragung des gesamten Vermögens (mithin sämtlicher Passiva und Aktiva) der Tochter auf die Mutter im Wege der Gesamtrechtsnachfolge.
Dies gilt allerdings nicht für Verträge, die in Ansehung der Person geschlossen wurden (sog. intuitu personae-Verträge). Diese werden durch die Auflösung beendet, sofern der Vertragspartner nicht der Übertragung zustimmt.
Der Kassationsgerichtshof hat mit Urteil vom 11. März 2020 (Cass. com. 11-3-2020 Nr. 18-20.064 F-D, Sté Tradcorp ME FZ LLC c/ Sté CM-CIC Leasing Solutions) nochmal bekräftigt, dass allerdings vor der Auflösung entstandene Forderungen und Verbindlichkeiten aus solchen Verträgen gleichwohl übergehen, auch wenn sie zu diesem Zeitpunkt weder liquide (der Höhe nach bezifferbar) noch fällig sind.
In dem betreffenden Fall hat der übernehmende Gesellschafter eine Zahlungsforderung gegen einen Vertragspartner geltend gemacht, die durch das Berufungsgericht abgelehnt wurde, weil die genannte Forderung zum Zeitpunkt der Auflösung und demnach der Vertragsbeendigung zwar entstanden, aber noch nicht bestimmt, liquide und fällig war (certaine, liquide et exigible). Dem hat der Kassationshof eine Absage erteilt.
Praxistipp:
Beachten Sie die Unterschiede zwischen den Folgen einer Auflösung in Frankreich und in Deutschland. Vor dem Fassen eines Auflösungsbeschlusses durch den Alleingesellschafter – sofern er eine juristische Person ist – sollte genau geprüft werden, welche Risiken noch bei der Gesellschaft bestehen und ggf. übernommen werden.
Allgemein bietet dieses Verfahren der Anwachsung infolge Auflösung die Möglichkeit, die umfangreichen Formalitäten zur grenzüberschreitenden Verschmelzung zu umgehen, sofern die übertragende (verschmolzene) Gesellschaft in Frankreich ist. Dabei ist jedoch zu berücksichtigen, dass die Anwachsung anders als die Verschmelzung keine buchhalterische Rückwirkung ermöglicht.