Zur Abberufung von Abschlussprüfern in Frankreich
In einem kürzlich veröffentlichten Urteil der Handelskammer des französischen Kassationshofes vom 24. Januar 2024 (Aktenzeichen F-B, Nr. 22-12.340) wurde klargestellt, dass die Abberufung eines Abschlussprüfers (commissaire aux comptes) aus seiner Funktion heraus nur unter sehr engen Voraussetzungen möglich ist: Es muss ein nachweislich schwerwiegendes Fehlverhalten vorliegen. Zudem reicht die bloße Einleitung eines Schadensersatzprozesses gegen den Abschlussprüfer durch das geprüfte Unternehmen nicht aus, um dessen Ausschluss zu rechtfertigen.
Eine französische Kapitalgesellschaft hat einen Abschlussprüfer zu ernennen, wenn zwei der folgenden drei Schwellenwerte am Ende eines Geschäftsjahres überschritten sind:
- 50 Arbeitnehmende;
- EUR 8.000.000, - Umsatz und
- Gesamtbilanzwert von EUR 4.000.000, -.
Nach französischem Recht sind Abschlussprüfer immer für eine Mindestdauer von 6 Jahren bestellt (weitere Informationen, auch zu Besonderheiten im Konzern, finden Sie in unserem Leitfaden zur Gründung einer Tochtergesellschaft in Frankreich).
Fall, Urteil & Bedeutung
Der Fall betraf zwei Unternehmen, die durch Betrugshandlungen eines Buchhalters, der von einer Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaft entsendet wurde, geschädigt wurden. Es wurde argumentiert, dass die Betrügereien aufgrund von Versäumnissen der Abschlussprüfer dieser Unternehmen möglich waren, woraufhin deren Abberufung beantragt wurde.
Das Urteil bestätigt die seit den 1990er Jahren etablierte Rechtsprechung, wonach nicht nur das Vorliegen eines Fehlverhaltens, sondern auch dessen Schweregrad für eine Abberufung entscheidend ist. Dabei müssen die Abschlussprüfer entweder vorsätzlich oder aus grober Fahrlässigkeit gehandelt haben, mit der Absicht, dem Unternehmen oder seinen Organen zu schaden. Lediglich eine Schadensersatzklage gegen den Abschlussprüfer zu initiieren, begründet für sich allein noch keine ausreichende Verhinderung, die einen Ausschluss rechtfertigen würde.
Das Gericht prüft sorgfältig, ob die Abschlussprüfer ihre Pflichten mit der erforderlichen Sorgfalt erfüllt haben, insbesondere ob sie die Risiken, einschließlich Betrugsrisiken, angemessen bewertet haben. Dabei wird auch auf die Einhaltung berufsständischer Normen geachtet.
Dieses Urteil verdeutlicht die hohe Schwelle für die Abberufung von Abschlussprüfern und betont die Bedeutung der Unabhängigkeit und der Einhaltung beruflicher Standards. Es zeigt, dass Konflikte oder rechtliche Auseinandersetzungen zwischen geprüften Unternehmen und Abschlussprüfern allein keinen hinreichenden Grund für einen Ausschluss darstellen, solange die Abschlussprüfer ihre Aufgaben im Rahmen der gesetzlichen und beruflichen Vorgaben erfüllen.
Für Unternehmen bedeutet dies, dass sie bei Unzufriedenheit mit ihren Abschlussprüfern nicht vorschnell juristische Schritte einleiten sollten, ohne dass eindeutige Beweise für schwerwiegende Verfehlungen vorliegen.
Praxistipp
- Prüfen Sie zunächst immer die Notwendigkeit der Bestellung von Abschlussprüfern. Während bei der SAS eine Bestellung in der Vergangenheit zwingend notwendig war, ist dies heute nur noch bei Erreichen von Schwellenwerten nötig, einen Abschlussprüfer zu bestellt.
- Sollten Sie einen Abschlussprüfer ernennen müssen, so wählen sie diesen gründlich aus. Neben den Kosten ist sicherlich das wechselseitige Vertrauen ein wesentliches Entscheidungskriterium bei der Auswahl des Abschlussprüfers in Frankreich.
14.02.2024