Geschäftsführervergütung und Zustimmung der Gesellschafter in Frankreich
Urteil des frz. Kassationsgerichtshof 29. November 2023, Nr. 22-18.957 F-D
Der französische Kassationshof hat kürzlich entschieden, dass die Geschäftsführervergütung auch dann von den Gesellschaftern zu genehmigen sei, wenn eben dieser Geschäftsführer Alleingesellschafter ist und ist von seiner bisherigen Rechtsprechung in dieser Frage abgewichen.
In dem Fall hatte sich der Geschäftsführer und Alleingesellschafter einer EURL (französische Einpersonengesellschaft mit beschränkter Haftung) eine Vergütung für das abgelaufene Geschäftsjahr ausgezahlt. Sechs Monate nach Abschluss des Geschäftsjahres veräußerte dieser sämtliche Anteile an der Gesellschaft. Der Erwerber verklagte ihn auf Rückzahlung der Vergütung und der damit verbundenen Sozialabgaben. Er argumentierte, dass die Zahlung nicht durch einen satzungsmäßig vorgesehenen Gesellschafterbeschluss genehmigt worden sei.
Zunächst wies das Berufungsgericht (Cour d’appel) die Klage ab und argumentierte, dass dem Erwerber alle relevanten buchhalterischen Informationen bekannt waren und er daher nicht ignorieren konnte, dass die Vergütung des Geschäftsführers stets nach Abschluss der Buchhaltung genehmigt worden war. Zudem könne der Geschäftsführer, nachdem er keine Anteile mehr besaß, seine Vergütung nicht nachträglich genehmigen. Diese Entscheidung entsprach tatsächlich der bisherigen Rechtsprechung des französischen Kassationshofes. Dieser hatte in einem sehr ähnlichen Sachverhalt in einem Urteil vom 9. Januar 2019 entschieden, dass die Vergütungen, die ein geschäftsführender Alleingesellschafter einer EURL erhalten hatte und welcher sämtliche Anteile veräußert, stets regelmäßig nachträglich genehmigt worden waren und dass das Fehlen der Angabe der für die beiden Geschäftsjahre vor der Veräußerung erhaltenen Vergütungen im Beschlussregister nicht dem Geschäftsführer angelastet werden konnte, da dieser aufgrund der Anteilsveräußerung und des Endes seines Geschäftsführeramts die Beschlussfassung und die Führung der Register nicht in der eigenen Hand hatte. Dazu wurde dem Geschäftsführer ebenfalls zugutegehalten, dass die Gesellschaft von dieser Vergütung Kenntnis hatte und diese überdies in Anbetracht der wirtschaftlichen Lage der Gesellschaft auch nicht überhöht gewesen sei.
Der Kassationsgerichtshof (Cour de cassation) vertritt nunmehr eine andere Position und hob das Berufungsurteil mit der Begründung auf, dass der Geschäftsführer, obwohl Alleingesellschafter und gutgläubig, dennoch die Satzungsbestimmungen hätte beachten müssen, wonach die Vergütung durch einen Beschluss der Gesellschafter festgelegt und genehmigt werden muss.
Grundsätzlich wird die Geschäftsführervergütung einer SARL / EURL in Frankreich entweder durch die Satzung oder durch einen Gesellschafterbeschluss festgelegt. Die Richter zeigen sich dabei großzügig: der die Vergütung festlegende Gesellschafterbeschluss könne etwa aus der Unterzeichnung eines Berichts durch alle Gesellschafter hergeleitet werden, der die Existenz der Vergütung erwähnt. Darüber hinaus kann die Vergütung auch nach ihrer Auszahlung an den Geschäftsführer durch die Gesellschafter genehmigt werden, ungeachtet der Tatsache, ob die Gesellschaft einen oder mehrere Gesellschafter hat. Auch wenn die Genehmigung der Vergütung nach ihrer Auszahlung erfolgen kann, muss sie konkludent oder ausdrücklich zum Ausdruck gekommen sein. Die Beurteilung der Wirksamkeit des Beschlusses zur Auszahlung der Geschäftsführervergütung liegt dabei im Ermessen des Richters.
Praxistipp:
Zur Vermeidung von Konflikten und für mehr Rechtssicherheit sollte der Geschäftsführer seine Vergütung immer formaljuristisch korrekt von der Gesellschafterversammlung genehmigen lassen, auch wenn er selbst Alleingesellschafter ist. Um das Verfahren zur Gewährung der Geschäftsführervergütung ordnungsgemäß durchzuführen, sollte dieser Zustimmungsbeschluss auch rechtmäßig im Beschlussregister der Gesellschaft (registre des assemblées générales) eingetragen werden. Spätestens vor Übertragung seiner Anteile an einen Dritten sollte der Geschäftsführer seine Vergütung über die Dauer seines Geschäftsführeramts genehmigen.
22.02.2024