Kontrolle der gesetzlichen Höchstzahlungsfristen: Überarbeitete Leitlinien (DGCCRF) in Frankreich
Das französische Recht sieht in Umsetzung der EU-Richtlinie zur Bekämpfung von Zahlungsverzug im Geschäftsverkehr (2011/7/EU) vor, dass die maximale Zahlungsfrist im unternehmerischen Geschäftsverkehr grundsätzlich 60 Tage ab dem Rechnungsdatum beträgt. Dies bedeutet nicht nur, dass längere Zahlungsfristen nicht vereinbart werden dürfen, sondern auch dass die Unternehmen ihre Zahlungen in der Praxis so vornehmen müssen, dass sie die gesetzliche Höchstfristen nicht überschreiten.
Die Beamten der DGCCRF (Direction générale de la concurrence, de la consommation et de la répression des fraudes) haben u. a. die Aufgabe, Verstöße gegen die Vorschriften über die Höchstzahlungsfristen zwischen Unternehmen (Art. L.450-1 f. C.com.) und im Rahmen öffentlicher Aufträge (Art. L.2192-15 und L.3133-14 CCP) zu ermitteln und festzustellen. Dabei wird kontrolliert, wie lange das geprüfte Unternehmen im vergangenen Jahr tatsächlich für die Begleichung seiner Rechnungen gebraucht hat. Wird eine Überschreitung der Höchstfristen festgestellt, kann ein Bußgeld von bis zu 2 Mio. EUR oder im Wiederholungsfall innerhalb von zwei Jahren bis zu 4 Mio. EUR verhängt werden (Art. L.441-16 C. com.; CCP opt. cit.).
Am 25. Oktober 2024 hat die DGCCRF überarbeitete Leitlinien betreffend die Durchführung der entsprechenden Kontrollen und die Bemessung des Bußgeldes vorgelegt (BRDA 1/22 inf. 21). Die Ergänzungen der Leitlinien, die nun in Form von häufig gestellten Fragen (FAQ) zur Verfügung stehen, betreffen insbesondere den Umfang der Ermittlungen und die möglichen Gründe, die der Schuldner vorbringen kann, um eine Überschreitung des Zahlungshöchstfristen zu rechtfertigen.
Im Folgenden werden die wichtigsten Neuerungen dargestellt:
Vorzulegende Unterlagen
Die neuen Leitlinien ergänzen die – nicht abschließende – Liste der Unterlagen, deren Übermittlung die DGCCRF verlangen kann. Diese sind:
- Liste der Lieferanten im Excel-Format mit Angabe ihrer Typologie;
- Handelsregisterauszug
- Lieferantenbilanz für das zuletzt abgeschlossene Geschäftsjahr
- Lieferantenbilanz und Kundenbilanz des letzten abgeschlossenen Geschäftsjahres im Excel-Format;
- Liste der verwendeten Journalcodes und deren Titel;
- Eine Stichprobe von Papierrechnungen und die zugehörigen Zahlungsbelege;
- Die Steuerunterlagen des letzten abgeschlossenen Geschäftsjahres sowie des vorhergehenden Geschäftsjahres.
Zudem wurde klargestellt, dass diese Unterlagen von der Behörde auch aus der Ferne, und zwar sowohl vor als auch nach dem Ortstermin in den Räumen des Unternehmens angefordert werden können.
Zeitlicher Umfang der Prüfung
Die DGCCRF weist darauf hin, dass sich die Kontrolle in der Regel auf einen Zeitraum von einem Jahr bezieht, der dem letzten abgeschlossenen Geschäftsjahr entspricht.
Die Zahlungsfristen werden auf der Grundlage der Angaben in der Kreditorenbuchhaltung ermittelt. Die Beamten können jedoch zusätzlich eine Stichprobe von Rechnungen und Zahlungsavis prüfen, um auszuschließen, dass das tatsächliche Ausmaß des Zahlungsverzugs nicht wegen einer möglicherweise unzulänglichen Buchführung falsch eingeschätzt wird. Falls die Buchhaltung nicht ausgewertet werden kann, können die Zahlungsfristen auf der Grundlage einer Stichprobe von Rechnungen ermittelt werden.
Rechtfertigungsgründe für verspätete Zahlungen
Im Gegensatz zu früheren Leitlinien geht die DGCCRF nun detailliert auf die möglichen Gründe ein, die den Käufer von der Haftung für eine verspätet geleistete Zahlung befreien können.
So stellt sie klar, dass sich ein Unternehmen zu seiner Entlastung nicht auf folgende Umstände berufen kann:
- Eine über einen bestimmten Zeitraum berechnete durchschnittliche Zahlungsfrist, die unterhalb der gesetzlichen Höchstfrist liegt, da Fristüberschreitungen nicht durch fristgerechte andere Zahlungen ausgeglichen werden können, auch wenn sie denselben Lieferanten betreffen,
- Seine Gutgläubigkeit, da der Verstoß keinen Vorsatz erfordert,
- Eine nicht ordnungsgemäß geführte Buchhaltung,
- Die Zustimmung des Lieferanten, erst nach dem Fälligkeitsdatum bezahlt zu werden, da es sich um zwingende Vorschriften handelt,
- Der Umstand, dass in der fraglichen Rechnung eine Pflichtangabe fehlt oder sie falsche Angaben enthält, sofern sie ausreichende Angaben enthält, die es dem Schuldner ermöglichen, seine Leistungspflicht zu überprüfen,
- Schwierigkeiten im Zusammenhang mit dem internen Rechnungsbearbeitungsprozess, da der Lieferant nicht die Folgen der mangelhaften Organisation des Schuldners zu tragen hat.
Hingegen kann sich der Schuldner u. U. auf folgende Umstände zu seiner Entlastung berufen:
- Die verspätete Übermittlung der Rechnung durch den Gläubiger, sofern der Schuldner, der eine Mitverantwortung für die rechtzeitige Ausstellung der Rechnung trägt, nachweist, dass er die Übersendung der Rechnung vor Ablauf der gesetzlichen Frist mindestens einmal schriftlich angemahnt hat,
- Der Nachweis eines Rechtsstreits, der einen wesentlichen Teil der betroffenen Gegenleistung betrifft,
- Der Umstand, dass der Gläubiger für die fragliche Rechnung eine Gutschrift in Höhe des Rechnungsbetrages erstellt hat.
Bemessung der Geldbuße
Die DGCCRF weist darauf hin, dass der Ausgangsbetrag der Geldbuße, der anschließend je nach den Umständen der Zuwiderhandlung noch nach oben oder unten angepasst wird, durch Addition des Ersparten des Betriebskapitalbedarfs (Working-Capital-Bedarf, WCR), der durch den Zahlungsverzug jeder betroffenen Rechnung entstanden ist, nach der folgenden Formel berechnet wird:
WCR-Ersparnis = (Rechnungsbetrag x Anzahl der Verzugstage) / Anzahl der Tage im Prüfungszeitraum
In den neuen Leitlinien wird präzisiert, dass im Falle der Prüfung einer Zufallsstichprobe von Rechnungen aufgrund der Unzulänglichkeit der Buchführung der Gewinn aus dem Umlaufvermögen auf der Grundlage des Anteils des Gesamtbetrags der Rechnungen der Stichprobe, die verspätet beglichen wurden, geschätzt wird.
In der Vergangenheit hatte die DGCCRF klargestellt, dass sie, wenn ein Unternehmen gegen mehrere Arten von gesetzlichen Zahlungsfristen verstoßen hat, die Obergrenze der Verwaltungssanktion nicht pro Art der Frist, sondern auf den Gesamtbetrag der Sanktion anwendet, so dass diese grundsätzlich nicht mehr als 2 Mio. EUR (bzw. 4 Mio. EUR im Wiederholungsfall) betragen kann. Diese Klarstellung ist in den neuen Leitlinien nicht mehr enthalten. Ob dies bedeutet, dass der Bußgeldrahmen nun für jede Kategorie von Zahlungsfristen voll ausgeschöpft werden kann, wird die künftige Praxis zeigen.
13.12.2024