Frankreich: Verteidigungsmöglichkeiten des Bürgen im Zahlungsprozess
In einem Urteil vom 9. Oktober 2024 befasste sich der französische Kassationsgerichtshof (Com., 9 oct. 2024, n° 23-15.346) mit der Frage der möglichen Verteidigungsmitteln von Bürgen gegen ihre Zahlungspflicht.
Sie machten verschiedene Verteidigungsgründe geltend: Unverhältnismäßigkeit der Pflichten aus der Bürgschaft, Verletzung der Warnpflicht der Bank, Nichtigkeit des Bürgschaftsvertrages wegen Willensmängeln und deliktische Haftung des Notars wegen der Verletzung seiner vertraglichen Belehrungspflichten.
Der entschiedene Fall
Der Fall betrifft einen notariell beurkundeten Unternehmenskauf aus dem Jahr 2012. Der Kauf wurde von der erwerbenden Gesellschaft durch ein Darlehen finanziert, für das zwei natürliche Personen haften sollten. Das erwerbende Unternehmen konnte das Darlehen nicht zurückzahlen und geriet in Zahlungsverzug. Daraufhin wurde das Unternehmen liquidiert und die Bank nahm die Bürgen in Anspruch. Die Bürgen verteidigen sich gegen diese Klage, indem sie die Wirksamkeit der Bürgschaft in Frage stellen. Sie werfen der Bank eine Warnpflichtverletzung und einen daraus resultierenden Willensmangel (Irrtum) vor. Die Bürgen haben auch dem Notar, der die Geschäftsübertragung beurkundet hat, den Streit verkündet. Sie werfen ihm die Verletzung seiner vertraglichen Belehrungspflicht gegenüber der Erwerbergesellschaft vor und wollen den daraus resultierenden Schadensersatzanspruch aus unerlaubter Handlung geltend machen.
Die Entscheidung
Der Kassationsgerichtshof wies die meisten Klagegründe zurück, insbesondere das Argument der Unverhältnismäßigkeit der sich aus der Bürgschaft ergebenden Pflichten, da die Bürgen hierfür keine ausreichenden Beweise vorgelegt hatten. Auch wurde die Verletzung einer Warnpflicht der Bank verneint, da die Bürgen nicht nachweisen konnten, dass das Darlehen nicht den finanziellen Möglichkeiten des Hauptschuldners entsprach und die Bank sie darauf hätte hinweisen müssen.
Mehr Erfolg hatten die Einreden des Willensmangels aufgrund eines Irrtums und der Haftung des Notars.
Der Kassationsgerichtshof stellte fest, dass der Irrtum über die Zahlungsfähigkeit des Hauptschuldners die Abgabe der Willenserklärung der Bürgen so stark beeinflusst haben könnte, dass die Richter in der Hauptsache hätten prüfen müssen, ob die Bürgen auch für den Erwerber gebürgt hätten, wenn sie die wahre Sachlage gekannt hätten.
Darüber hinaus argumentierten die Bürgen, dass der Notar den Käufer auf die (mangelnde) Rentabilität des Geschäfts hätte hinweisen müssen, da keine Buchhaltungsunterlagen vorlagen. Der Kassationsgerichtshof bestätigt den Grundsatz, dass Dritte eine Vertragsverletzung aus unerlaubter Handlung geltend machen können, wenn sie durch die Vertragsverletzung einen Schaden erlitten haben. Dies setzt jedoch voraus, dass die Richter der Hauptsache prüfen, ob ein Kausalzusammenhang zwischen dem Fehlverhalten des Notars und dem erlittenen Schaden nachgewiesen werden kann.
Praxistipp
Banken, die sich Bürgschaften von französischen Bürgen einholen, sollten sehr genau darauf achten, die Bürgen vollumfänglich, auch im Hinblick auf die Zahlungsfähigkeit des Hauptschuldners zu informieren, um derartige Einwendungen möglichst auszuschließen.
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Dieser Artikel wurde von Dr. Christophe Kühl in Zusammenarbeit mit unserer Élève avocate Leslie Deneu verfasst.
29.10.2024