Kreditgeschäfte in Frankreich auch ohne notwendige Banklizenz wirksam
In einem Beschluss vom 15. Juni 2022 stellte der französische Kassationsgerichtshof klar, dass ein Kreditgeschäft, das unter Missachtung von Artikel L. 511-5 des Währungs- und Finanzgesetzbuchs (Code monétaire et financier) abgeschlossen wurde, nicht allein wegen dieses Verstoßes nichtig ist.
Nach Artikel L. 511-5 des Währungs- und Finanzgesetzbuchs ist es einer Person, die kein Kreditinstitut ist, untersagt, regelmäßig Bankgeschäfte zu tätigen.
Der dem Fall zugrundeliegende Sachverhalt kann wie folgt zusammengefasst werden: In einem Vertrag verpflichtete sich ein auf Zweiräder spezialisiertes Unternehmen, fünf Jahre lang jedes Jahr eine bestimmte Menge an Produkten (Schmiermittel) zu kaufen. Der Verkäufer gewährt ihm einen Vorschuss in Höhe von 30.000 €, der in fünf Jahresraten zu je 6.833 € getilgt werden soll. Der Geschäftsführer des Zweiradunternehmens und seine Frau bürgen selbstschuldnerisch für die eingegangenen Verpflichtungen. Über das Vermögen des Käuferunternehmens wird in der Folge ein gerichtliches Liquidationsverfahren eröffnet. Das Unternehmen, das die Schmiermittel verkaufte, verklagte die Bürgen auf Rückzahlung der Vorschüsse.
Das Berufungsgericht Paris war der Ansicht, dass hier ein Kreditgeschäft im Sinne von Artikel L. 313-1 des Währungs- und Finanzgesetzbuchs unter Verstoß gegen das Verbot von Artikel L. 511-5 desselben Gesetzes vorlag. Der Verkäufer habe selbst eingeräumt, dass man diese Art von Geschäften üblicherweise bei Kunden durchführe, die Gewerbsmäßigkeit sei mithin zu bejahen. Der Vertrag, der unter Verletzung des Bankmonopols geschlossen wurde, sei folglich im Hinblick auf das darin enthaltene Kreditgeschäft für nichtig erklärt.
Der Verkäufer legte Revision ein. Er vertrat die Auffassung, dass es sich nicht um einen Kredit im Sinne des Währungs- und Finanzgesetzbuchs handelte, sondern lediglich um Zahlungsfristen oder -vorschüsse. Mit anderen Worten, es handelte sich in diesem Fall nicht um ein reines Bankgeschäft, sondern lediglich um eine untrennbare Ergänzung des Exklusivliefervertrags, die in den Bereich ihrer üblichen Tätigkeit fällt. Er rügte außerdem, dass das Urteil den Vertrag für nichtig erklärte, obwohl das Bankmonopol nicht die Nichtigkeit von Verträgen impliziert, die unter Verletzung dieser einen Regel geschlossen wurden.
Der französische Kassationshof hob das Urteil der Vorinstanz auf. Zunächst stellten die Richter klar, dass "nach diesem Text (Anm.: Art. L. 511-5 C. mon. fin.) es jeder anderen Person als einem Kreditinstitut untersagt ist, üblicherweise Bankgeschäfte zu tätigen. Sodann führten die Richter aber aus, dass die bloße Verletzung der Regeln zum Schutz des Bankmonopols alleine nicht ausreichend sei, um den Vertrag für nichtig zu erklären. Die Richter stützen sich hierbei auf eine ständige Rechtsprechung in Frankreich (Cass, ass. plén., 4. März 2005, Nr. 03-11.725).
Praxishinweis:
Der Beschluss fügt sich in eine Reihe von Entscheidungen ein, die die Wirksamkeit von unter Verstoß gegen die das Bankmonopol schützenden Vorschriften geschlossenen Kreditverträgen bestätigen. Die Entscheidung ist aber in der Literatur kritisiert worden und es kann nicht ausgeschlossen werden, dass das höchste französische Gericht aus guten Gründen in Zukunft diese Rechtsprechung aufgibt.
Bei der Gestaltung von kreditähnlichen Verträgen (auch gewerbsmäßige Bewilligung von Vorschüssen und der gleichen) sollte daher stets die aktuelle Rechtsprechung im Blick behalten werden, um nicht eine Nichtigkeit der Verträge zu riskieren.
24.06.2022