Fremdmarken als Keywords für Google Ads in Frankreich
Es klingt verlockend: Man schaltet Werbung bei Google Ads, die immer dann angezeigt werden soll, wenn ein Nutzer den Markennamen des Wettbewerbers googelt. Dies kann dadurch geschehen, dass die fremde Marke als Keyword für die eigene Kampagne hinterlegt wird. Eine solche passgenaue Aufmerksamkeit beim relevanten Kundenkreis kann sehr hilfreich sein. Allerdings sind bei derartigen Werbemaßnahmen mit Keywords in Frankreich rechtliche Grenzen zu beachten, um Abmahnungen durch den Wettbewerber zu vermeiden. Dabei müssen im grenzüberschreitenden Geschäftsverkehr oft sogar die Anforderungen beider Länder beachtet werden.
Da die Entwicklung der Rechtsprechung im Ursprung auf Entscheidungen des EuGH beruht, weist die Situation in Frankreich viele Ähnlichkeiten zur Rechtslage in Deutschland auf, wenn auch nicht in jeder Hinsicht.
Auch im französischen Recht ist die Verwendung einer fremden Marke als Keyword in einer Kampagne nicht per se ausgeschlossen. Es kommt entscheidend darauf an, dass insbesondere die Herkunftsfunktion der Marke nicht beeinträchtigt wird. Eine unzulässige Markenverletzung liegt demnach vor, wenn ein durchschnittlicher Internetnutzer nicht oder nur schwer erkennen kann, ob die in der Anzeige genannten Waren oder Dienstleistungen vom Markeninhaber oder einem mit ihm wirtschaftlich verbundenen Unternehmen oder vielmehr von einem Dritten stammen.
Dabei ist aber zu beachten, dass die französische Rechtsprechung einen etwas strengeren Maßstab anlegt als die deutsche. Auch in Frankreich müssen Anzeigen und natürliche Suchergebnisse klar getrennt sein und der fremde Markenname darf selbstverständlich nicht im Anzeigentext genannt werden. Allerdings hat der französische Kassationsgerichtshof in seiner CNRRH-Entscheidung (Cass. Com. 13 juillet 2010, n° 06-15.136) darüber hinaus hervorgehoben, dass die Anzeige „jedes Risiko“ einer Verwechslung ausschließen muss! Dies wird im Ergebnis erfordern, dass der Anzeigentext das dahinterstehende Unternehmen eindeutig benennt. Ein solches Vorgehen wurde in der Rechtsprechung bereits mehrfach für zulässig erachtet, während Anzeigen, welche die Herkunft nicht offenlegten, untersagt wurden (etwa Cass. Com. 25 septembre 2012, n° 11-18.110; Cass. Com. 29 novembre 2011, n° 10-26.969).
Die strenge deutsche Rechtsprechung hinsichtlich bekannter Vertriebssysteme findet sich in Frankreich nicht wieder. Die Rechtsprechung geht in beiden Ländern auf die bereits genannte Interflora-Entscheidung des EuGH zurück, allerdings fokussieren sich die Gerichte in Frankreich weniger auf den Aspekt des Urteils, der das besondere Verwechslungsrisiko bei Vertriebssystemen betont. Sie heben vielmehr das Argument des EuGH hervor, wonach es nicht ausreicht, dass nur einzelne Nutzer Schwierigkeiten bei der Unterscheidung haben könnten, sondern dass es auf den durchschnittlich informierten und aufmerksamen Internetnutzer ankomme.
Die französische Rechtsprechung traut den Internetnutzern hier deutlich mehr Unterscheidungsfähigkeit zu als die deutschen Gerichte. Mit dieser Argumentation wurde eine Markenverletzung in einem ebenfalls von Interflora in Frankreich angestrengten Verfahren von der Instanzrechtsprechung abgelehnt (TGI Paris, 3. Kammer, 1. Abteilung., 5.3.2015, n° 13/13092). Ein Hinweis auf die nicht vorhandene wirtschaftliche Verbindung zwischen beiden Unternehmen ist nach dieser Entscheidung in Frankreich daher nicht erforderlich.
Der besondere Schutz bekannter Marken existiert in Frankreich ebenfalls, er ist in Art. L. 713-3 und Art. L. 713-5 des Code de de la propriété intellectuelle (französisches Gesetzbuch über geistiges Eigentum) verankert. Eine ausdifferenzierte Rechtsprechung mit unterschiedlichen Fallgruppen wie in Deutschland existiert hier allerdings nicht. Die Gerichte halten als leitenden Grundsatz fest, dass auch der Inhaber einer bekannten Marke diese nicht vor Praktiken schützen kann, die Teil eines gewöhnlichen Wettbewerbs sind. Das TGI von Paris (3. Kammer, 1. Abteilung, 5.3.2015, n° 13/13092) ist sogar soweit gegangen, selbst den Schutz bekannter Marken nur an der Beeinträchtigung der Herkunftsfunktion der Marke zu messen. Es scheint jedoch riskant, sich auf diese Rechtsprechung zu verlassen. Sie steht im Widerspruch zum EuGH, der mit der Verwässerung oder Verunglimpfung der Marke sowie der Nachahmung von Produkten klare Kriterien zum Schutz bekannter Marken genannt hat, die über die reine Verwechslungsgefahr hinausgehen. Hier sollte also Vorsicht geboten sein. Sofern der Werbende allerdings lediglich Alternativen zu den Produkten des Markeninhabers anbietet, dürfte auch in Frankreich nichts gegen die Nutzung derartiger Keywords in Ads-Kampagnen sprechen.
Besonderheiten im deutsch-französischen bzw. grenzüberschreitenden Geschäft
Für Unternehmen, die sowohl in Deutschland als auch in Frankreich ihr Geschäft betreiben, ist der Hinweis wichtig, dass es meist nicht ausreichen wird, sich nur an den Regelungen des Landes der eigenen Niederlassung zu orientieren. Denn laut EuGH (C-523/10 – Wintersteiger) sind für eine solche – behauptete – grenzüberschreitende Markenverletzung nicht nur die Gerichte des Mitgliedsstaats der Niederlassung des Werbenden zuständig, sondern auch die Gerichte des Mitgliedsstaats, in welchem die Marke eingetragen ist. Sofern das werbende Unternehmen etwa aus Deutschland kommt, dieses aber in Frankreich Ads-Werbung mit dem Markennamen eines französischen Konkurrenten als Keyword schaltet, muss es damit rechnen, in beiden Staaten verklagt werden zu können.
Im Zweifel muss bei einer Vorabprüfung der Werbung daher die jeweils strengere der beiden Rechtsprechungen zugrunde gelegt werden.
02.03.2022