Unlauterer Wettbewerb durch zielgerichtete Kundenakquise in Frankreich
Am 4. Dezember 2024 hat der französische Kassationsgerichtshof erneut bestätigt, dass die territoriale Exklusivität in Franchiseverträgen mehr als nur eine Formalität ist – sie bietet einen echten Schutz, auch wenn die Werbemaßnahmen auf den ersten Blick allgemein erscheinen mögen.
Im konkreten Fall hatten zwei Franchisenehmer im Bereich Fitnessstudios eigene Studios in benachbarten Gemeinden eröffnet. Laut Vertrag durfte Franchisenehmer B in einem bestimmten Gebiet exklusiv als alleiniger Ansprechpartner auftreten. Franchisenehmer A verteilte jedoch in genau diesem Gebiet Flyer, die zwar nur allgemeine Informationen wie Adresse und Preise enthielten, aber dennoch in jedem Briefkasten des geschützten Gebietes landeten. Franchisenehmer B sah sich daraufhin gezwungen, auf Unterlassung zu klagen und berief sich dabei auf den vertraglich zugesicherten Schutz vor aktiver Kundenwerbung durch andere Franchisenehmer.
Der Kassationsgerichtshof hob das vorangegangene Urteil des Berufungsgerichts auf und stellte klar: Es kommt nicht allein darauf an, was in den Flyern steht, sondern vor allem darauf, dass durch die Verteilung eine gezielte Ansprache innerhalb eines vertraglich festgelegten Exklusivgebietes erfolgt. Allein die flächendeckende Verteilung der Flyer reiche aus, um von einer aktiven Kundenakquisition zu sprechen – und zwar unabhängig davon, ob eine bestimmte Kundengruppe direkt angesprochen wird.
Die Bewertung stützt sich auf die Definition von Werbemaßnahmen in der Verordnung (EU) 2022/720. Demnach werden Maßnahmen, die gezielt auf ein bestimmtes geografisches Gebiet ausgerichtet sind, als aktive Verkaufsstrategie gewertet. Allgemeine Werbemaßnahmen, die keine spezifische Kundengruppe ansprechen, gelten hingegen als passive Reaktion.
Fazit
Dieses Urteil unterstreicht, dass Exklusivitätsklauseln in Franchiseverträgen nicht nur symbolischen Charakter haben, sondern einen wirksamen Schutzmechanismus darstellen. Franchisenehmer sind verpflichtet, die vertraglich zugesicherte territoriale Integrität ihrer Mitfranchisenehmern zu respektieren. Wird diese Grenze überschritten, kann dies als unlauterer Wettbewerb gewertet werden – auch wenn die Werbung auf den ersten Blick unspezifisch erscheint.
Mit dieser Entscheidung sendet der Kassationshof ein klares Signal an den Markt: Gebietsexklusivität ist ein zentraler Pfeiler von Franchiseverträgen, der auch gegen vermeintlich allgemeine Werbemaßnahmen durchgesetzt werden kann. Es ist zu erwarten, dass dieses Urteil zukünftig erheblichen Einfluss auf die Auslegung von Exklusivitätsklauseln und die Gestaltung von Werbemaßnahmen im Franchiserecht haben wird.
07.03.2025