Zulassung als Rechtsanwalt in Frankreich
Es gibt in Frankreich verschiedene Möglichkeiten Anwalt zu werden. Neben der klassischen Juristenausbildung zum französischen Anwalt oder der Eignungsprüfung für ausländische Rechtsanwälte, kann die Zulassung auch nach langjähriger Berufserfahrung als Unternehmensjurist beantragt werden.
Das Dekret 91-1197 vom 27.11.1991 sieht in seinem Artikel 98 Abs. 3 vor, dass Unternehmensjuristen, die in der Rechtsabteilung eines oder mehrerer Unternehmen mindestens acht Jahre lang tätig waren, von der theoretischen und praktischen Ausbildung sowie anschließender Eignungsprüfung zum Rechtsanwalt in Frankreich befreit sind.
Die Voraussetzungen für den Zugang zum französischen Anwaltsberuf auf diesem Wege sind jedoch eng. Der französische Kassationshof (Cour de Cassation) entschied in seinem Urteil vom 13.03.2019 (Civ. 1er, 13 mars 2019, n°18-12.253), dass die Vorschrift restriktiv auszulegen sei.
Geklagt hatte die Mitarbeiterin eines Verbands, der Notare unter anderem juristisch berät, Seminare anbietet und Notaren Informationen bereitstellt. Dort war sie in der Abteilung Stadtplanung, Bauwesen, öffentliche Einrichtungen und Umwelt für mehr als acht Jahre tätig. Im Rahmen ihrer Tätigkeit beriet sie unter anderem Notare in Frankreich bei juristischen Fragen. Die Klägerin beantragte die Zulassung zur Anwaltskammer Bordeaux, da sie die Voraussetzungen des Artikels 93 Abs. 3 erfülle. Nach Ablehnung ihres Antrags klagte sie auf Zulassung zur Rechtsanwaltschaft.
Die Klage wurde in allen Instanzen abgewiesen.
Zunächst bejahte das Kassationsgericht die Frage, ob eine Vereinigung ein Unternehmen im Sinne der Vorschrift sein kann. Dies sei – unabhängig der Rechtsform – dann der Fall, wenn diese wirtschaftliche Ziele verfolge.
Allerdings verneinten die Richter die Eigenschaft der Klägerin als Unternehmensjuristin.
Zur Begründung führten sie aus, dass eine restriktive Auslegung des Gesetzestextes geboten sei. Mithin sei erforderlich, dass der Mitarbeiter mehr als acht Jahre ausschließlich als Unternehmensjurist tätig war. Das setze wiederum die Bearbeitung interner Rechtsfragen voraus, die sich aus den Aktivitäten des Unternehmens selbst ergeben. Nicht ausreichend sei es, wenn ein Mitarbeiter gelegentlich mit juristischen Aufhaben betreut werde oder vorwiegend Rechtsfragen von Externen bearbeite.
Indem die Klägerin lediglich rechtliche Fragestellungen externer Notare bearbeitete, erfüllte sie die Voraussetzungen des Artikels 93 nicht. Sie komme daher nicht in den Genuss der Ausnahmeregelung. Aufgrund ihrer Tätigkeit sei sie keine Unternehmensjuristin im Sinne der Norm. Nur Juristen, die speziell und ausschließlich die Rechtsfragen des Unternehmens und solcher juristischen Sachverhalte, die unmittelbar aus der unternehmerischen Tätigkeit als solcher resultieren, bearbeiten, seien von der Vorschrift erfasst und könnten ohne weitere Prüfung zum Anwalt in Frankreich zugelassen werden.
16.04.2019