Rechtliche Tipps für einen gelungenen Markteintritt in Frankreich
Für viele deutsche Unternehmen ist Frankreich weiterhin einer der wichtigsten ausländischen Absatzmärkte. Insbesondere im Rahmen der Feierlichkeiten zu dem 50. Geburtstag des Elysée-Vertrages wurde unser Nachbar wieder als engster und wichtigster Partner Deutschlands gepriesen. Ich verzichte bewusst auf die vielfältigen wirtschaftlichen Zahlen, die diese Beziehungen prägen, da hierzu in Zeitungen und Internet ausreichend Informationsmaterial vorliegt. Eines der Haupthindernisse für viele Unternehmen - Branchenübergreifend - ist jedoch die rechtliche Ungewissheit bei einem Markteintritt in Frankreich. In verschiedenen Fragen des Rechtes, zum Beispiel Arbeits-, Gesellschafts-, Handels- oder normales Schuldrecht erscheint der so enge Nachbar plötzlich sehr fremd. Die nachfolgenden Tipps sollen deutschen Unternehmen helfen, gewisse Fehler bei Ihrem Markteintritt zu vermeiden, die meines Erachtens für das Scheitern vieler erfolgsversprechender Projekte (mit-)verantwortlich sind.
- Den französischen Markt kennen
Es ist überaus enttäuschend wenn Projekte nicht an der Qualität der angebotenen Waren oder Dienstleistungen scheitern, sondern am Fehlverhalten des Anbieters. Obwohl das „made in Germany“ immer noch einen hohen Stellenwert hat, ist es kein Selbstläufer. Viele Unternehmer, die in Deutschland Erfolg haben, denken, dass sie ihr Erfolgsrezept in Frankreich eins zu eins anwenden können. Der Vorteil liegt auf der Hand: Wenige Veränderungen sparen Zeit und Geld. Diese Rechnung geht jedoch nur selten auf. Der Markteintritt sollte wohl überlegt und geplant sein. Dazu gehört zunächst die Erstellung einer oder mehrerer Markstudien, um festzustellen, wo es in Frankreich einen Markt für seine Waren oder Dienstleistungen gibt und mit welchen Kosten man zu rechnen hat. So sind zum Beispiel außerhalb von Paris die Mieten deutlich günstiger, jedoch geht dies auch zu Lasten der Infrastruktur. Gute Marktstudien sind für weniger als 5.000 € zu haben und können hohe Folgekosten ersparen.
- Sich auf den französischen Markt einlassen
Bei dem Markteintritt sollte eine gewisse Sensibilität für die kulturellen Unterschiede bestehen. Dazu gehört zum Beispiel auch, dass viele französische Kunden nur ungern in englischer Sprache kommunizieren. Gegenüber Verbrauchern besteht sogar die Pflicht der Verwendung der französischen Sprache (sog. „Loi Toubon“). Wenn ein Anbieter seine Waren vorwiegend über eine Website verkauft, sollte diese Website auch vollständig – inklusive Vertragsdokumente wie allgemeine Geschäftsbedingungen - übersetzt und gegebenenfalls angepasst sein. Hierbei ist insbesondere darauf zu achten, dass diese Übersetzungen von einem französischen Muttersprachler erstellt werden. Eine mangelhafte Übersetzung wirkt unprofessionell. Des Weiteren empfehle ich auch immer eine französische Telefonnummer, insbesondere für die Bestellungen der Kunden und den Kundendienst. Eine solche Telefonnummer kann man heutzutage problemlos und kostengünstig über Dienstleister erhalten.
- Geeigneter Vertriebsweg
Es gibt eine Vielzahl von verschiedenen Vertriebswegen um Waren oder Dienstleistungen zu vertreiben. Bei der Wahl des geeignetsten Vertriebsweges spielen zunächst die Besonderheiten jeder Branche eine Rolle. Nicht jede Ware kann über einen Vertragshändler oder einem Handelsvertreter vertrieben werden. Wichtig ist jedoch auch, dass man die Rechtsfolgen seiner Wahl kennt. Dazu gehören zum Beispiel der Ausgleisanspruch des Handelsvertreters, die Kündigungsfristen beim Vertragshändlervertrag oder die besonderen Arbeitnehmerschutzvorschriften.
- Besonderheiten des französischen Handelsvertreters
Durch seine meistens erfolgsabhängige Vergütung (Provision) und seine Selbständigkeit verursacht der Handelsvertreter zunächst nur geringe Fixkosten. Jedoch hat dieser am Ende des Vertrages grundsätzlich, wie in Deutschland auch, einen Ausgleisanspruch. Während der Ausgleichsanspruch in Deutschland auf eine Jahresprovision begrenzt ist (§ 89b HGB) beträgt er in Frankreich im Durchschnitt 2 Jahresprovisionen. Folglich sollte die Rechtswahl beim Handelsvertretervertrag vor Unterzeichnung wohl überlegt sein.
- Besonderheiten des französischen Vertragshändlers
Wie der Handelsvertreter verursacht der Vertragshändler zunächst nur geringe Fixkosten. Er importiert die Waren des deutschen Lieferanten oder Produzenten und verkauft diese in Frankreich weiter. Seine Vergütung besteht aus der hierbei entstehenden Marge. Im Zweifel ist der Vertragshändler jedoch der einzige Kunde des deutschen Verkäufers in Frankreich. Dadurch erhält der Vertragshändler eine starke Verhandlungsposition, die insbesondere durch eine Exklusivität beim Vertrieb verstärkt werden kann. Die Schwierigkeiten entstehen meistens wenn der Verkäufer mit dem Vertragshändler nicht mehr zufrieden ist und den Vertrag kündigen möchte. Je nach Länge der Vertragsbeziehungen und Ausprägung der geschäftlichen Verbindung kann die Kündigungsfrist bis zu zwei Jahre betragen. Die Länge der Kündigungsfrist, gegebenenfalls gepaart mit einer Exklusivität, können schwerwiegende Folgen für den deutschen Unternehmer haben. Diese Fragen sollten folglich vorab geklärt und soweit wie möglich vertraglich geregelt werden.
- Besonderheiten des französischen Arbeitnehmers
Viele Unternehmer wissen nicht, dass sie im Ausland einen Arbeitnehmer einstellen können, ohne vor Ort eine Betriebstätte oder ein Büro zu haben. So können diese zum Beispiel einen Arbeitnehmer im home office und unterwegs (Kundenbesuche) arbeiten lassen. Um das Risiko einer steuerrechtlichen Betriebstätte im Sinne des deutsch-französischen Doppelbesteuerungsabkommens (DBA) zu vermeiden, sollten die Arbeitgeber unbedingt im Arbeitsvertrag vorsehen, dass der Arbeitnehmer keine Vollmacht hat, Verträge zu unterschreiben. Ähnliches gilt im Übrigen auch für den Handelsvertreter.
In Bezug auf den Inhalt des Arbeitsvertrages müssen die Arbeitgeber grundsätzlich französisches Recht beachten und somit unter anderem die Besonderheiten in Bezug auf die Arbeitszeit (35 Stunden), Urlaubstage, Mindestgehalt, Kündigungsregelungen und Tarifverträge kennen. Erscheinen dem Arbeitgeber diese Regelungen zu belastend, sollte er über einen sog. „Voyageur représentant placier“ (VRP) nachdenken, welcher eine Zwischenposition zwischen Arbeitnehmer und Selbständigen einnimmt.
- Eine Gesellschaft gründen
Schließlich können deutsche Unternehmen in Frankreich auch eine Tochtergesellschaft gründen. Diese bringt insbesondere den Vorteil, dass der französische Kunde (wie der deutsche übrigens auch) heimischen Unternehmer eher vertraut. Des Weiteren ist man durch eine Tochtergesellschaft näher am Marktgeschehen und erreicht eine klare Trennung zwischen dem deutschen und dem französischen Vertrieb, woraus zum Beispiel buchhalterisch und steuerlich eine größere Transparenz entsteht.
Bei der Wahl der Gesellschaftsform empfehle ich meinen Mandanten meistens die Gründung einer sog. Société par actions simplifiée (SAS), bzw. eine vereinfachte Aktiengesellschaft, die in ihrer Gestaltung sehr flexibel ist und in vielen Punkte mehr Vorteile bietet als die Société à responsabilité limitée (SARL), bzw. der französischen GmbH.
Es gibt natürlich noch viele weitere Möglichkeiten Waren oder Dienstleistungen auf dem französischen Markt zu vertreiben (Internetvertrieb, öffentliche Aufträge, etc.). Dabei sollten sich deutsche Unternehmen nicht von den französischen Regelungen abschrecken lassen. Viel wichtiger ist es, die Vorteile und Risiken zu erkennen und sich dadurch gegenüber Wettbewerbern einen wesentlichen Vorteil zu verschaffen.
18.02.2015