Abschaffung des Exequatur-Verfahrens in der EU mit Wirkung zum 10.1.2015
Wichtige Änderungen im europäischen Zivilprozessrecht bringt die Neufassung der sog. Brüssel-I-Verordnung (EuGVO) durch die Verordnung Nr. 1215/2012 vom 12. Dezember 2012. Zentrale Neuerung der Verordnung ist die Abschaffung des Exequaturverfahrens: Ab dem 10. Januar 2015 werden Entscheidungen nationaler Gerichte in allen anderen Mitgliedsstaaten nicht nur anerkannt, sondern auch vollstreckt, ohne dass es einer Vollstreckbarerklärung bedarf (Art. 39 der Verordnung). Gleiches gilt im Grundsatz auch für öffentliche Urkunden und gerichtliche Vergleiche. Ein ausländischer Titel muss unter den gleichen Bedingungen vollstreckt werden, wie ein Titel eines Gerichts des Mitgliedsstaates, in dem die Entscheidung vollstreckt wird.
Damit fällt eine entscheidende Hürde bei der Durchsetzung von Ansprüchen im EU-Ausland. Für die Rechtspraxis bedeutet dies eine erhebliche Zeit- und Kostenersparnis. Den von einer Vollstreckung betroffenen Parteien steht allerdings die Möglichkeit offen, die Vollstreckung zu verhindern, wenn ihre Rechte im Ursprungsverfahren nicht ausreichend gewahrt oder wesentliche in der Verordnung benannte Zuständigkeits- und Verfahrensvoraussetzungen nicht beachtet wurden.
Die spontane Übermittlung einer Übersetzung des zu vollstreckenden Titels ist nicht zwingend vorgeschrieben, wird aber auch in Zukunft ratsam sein, da der Schuldner eine Übersetzung des Titels verlangen kann und in diesem Fall die Zwangsvollstreckung auf Sicherungsmaßnahmen beschränkt ist, bis der Schuldner die Übersetzung erhalten hat (Art. 43 Abs. 2 der Verordnung).
Neben der Abschaffung des Exequaturverfahrens enthält die Neufassung der Brüssel-IVerordnung einige Änderungen hinsichtlich der Behandlung von Sachverhalten mit Bezug zum Nicht-EU-Ausland. Hervorzuheben ist hierbei vor allem eine Regelung, wonach ab 2015 die Gerichte von EU-Mitgliedsstaaten (fakultativ) ein Verfahren aussetzen können, wenn wegen desselben Anspruchs bereits vor dem Gericht eines Nicht-EU-Staates ein Verfahren anhängig ist, das zu einer Entscheidung führt, die potentiell in der EU anerkannt und vollstreckt werden kann. Ob und nach welchen Kriterien die Gerichte in der Praxis von dieser Möglichkeit Gebrauch machen werden, bleibt abzuwarten.
Die aktuellen Zuständigkeitsregeln für Rechtsstreitigkeiten innerhalb der Europäischen Union bleiben bis auf kleinere Anpassungen unverändert.
14.01.2013