Aktuelle Entscheidung des französischen Kassationsgerichtshofs: Einwendung der Ungültigkeit eines Testamentes auch noch nach mehr als 5 Jahren
Mit einer Entscheidung vom 14 Januar 2015 (Aktenzeichen: 13- 26279) hat der Kassationsgerichtshof („Cour de Cassation“) klargestellt, dass es auch nach über fünf Jahren noch möglich ist, sich auf die Ungültigkeit eines Testaments wegen fehlender Testierfähigkeit des Erblassers zu berufen.
Im vorliegenden Fall wurde um ein eigenhändig errichtetes Testament einer im Jahr 2002 verstorbenen Frau gestritten. In dem Testament hatte die Erblasserin zwei ihrer drei Kinder zu Erben eingesetzt und ihr drittes Kind auf den Pflichtteil beschränkt. Dieses Kind berief sich im Rahmen der Auseinandersetzungsklage darauf, dass die Erblasserin bei Abfassung des Testaments geistig verwirrt gewesen und das Testament aus diesem Grund ungültig sei.
Das Berufungsgericht Pau hatte den Anspruch der Betroffenen auf Feststellung der Ungültigkeit des Testaments als verfristet angesehen. Diese Entscheidung stützte das Berufungsgericht auf Artikel 1304 Absatz 1 des französischen Zivilgesetzbuchs („Code Civil“), wonach eine Nichtigkeitsklage nur innerhalb von fünf Jahren erhoben werden kann. Entscheidend für den Beginn dieser Frist ist der Zeitpunkt, in dem der Betroffene Kenntnis von den Umständen erhalten hat, welche die Nichtigkeit begründen. Im vorliegenden Fall hatte die auf den Pflichtteil beschränkte Erbin nach eigener Aussage bereits kurz nach dem Tod ihrer Mutter im Jahr 2002 vom Inhalt des Testaments Kenntnis erlangt. Auf die Nichtigkeit des letzten Willens ihrer Mutter hatte sie sich jedoch erst 2010 im Rahmen der Auseinandersetzungsklage berufen.
Der Kassationsgerichtshof hat die Entscheidung des Berufungsgerichts teilweise aufgehoben, die Anfechtung zugelassen und die Klage zur Entscheidung an das Berufungsgericht in Bordeaux verwiesen. Der Gerichtshof betonte in seinem Urteil den Unterschied zwischen einer eigenständigen Nichtigkeitsklage und der bloßen Einwendung der Nichtigkeit im Rahmen einer anderen, rechtzeitig erhobenen Klage. Zwar sei es nur innerhalb von fünf Jahren möglich, eine Nichtigkeitsklage zu erheben, dagegen unterliege die Einrede der Nichtigkeit jedoch nicht der Verjährung.
Somit bleibt es demjenigen der sich gegen eine Klage auf Auseinandersetzung verteidigt, unbenommen, sich auch noch nach mehr als 5 Jahren auf die Unwirksamkeit eines Testaments wegen mangelnder Testierfähigkeit des Erblassers zu berufen. Für die Erben, die aus einem Testament Erbansprüche geltend machen, hat dies umgekehrt zur Folge, dass sie sich auch nach Ablauf von fünf Jahren nicht sicher sein können, dass das Testament wirksam ist.
09.03.2015