Ausschluss eines Aktionärs gemäß Aktionärsvereinbarung in Frankreich
In einem Beschluss vom 21. Juni 2023 äußert sich die der französische Kassationshof zur Möglichkeit, in einer Aktionärsvereinbarung den Ausschluss eines Aktionärs zu regeln. Die Entscheidung hatte eine Klärung des Anwendungsbereichs von Artikel L.227-15 des Handelsgesetzbuchs zum Gegenstand, nach welchem eine Veräußerung von Anteilen entgegen den satzungsmäßigen Bestimmungen unwirksam ist.
In dem der Entscheidung zugrunde liegenden Fall ging es um eine Ausschlussklausel, die in einer Aktionärsvereinbarung vereinbart wurde. Dieser Aktionärsvereinbarung nach hatten sich die Aktionäre wechselseitig dazu verpflichtet, die notleidende Gesellschaft mit neuen finanziellen Mitteln auszustatten. Für den Fall, dass einer der Aktionäre seiner Verpflichtung nicht nachkommt, sah die streitgegenständliche Klausel vor, dass der säumige Aktionär entweder alle Aktien der anderen Aktionäre erwerben oder aber, nach deren Wahl, ihnen die eigenen Aktien übertragen musste.
Die Beziehungen der Parteien verschlechterten sich und ein Aktionär berief sich auf diese Klausel, um die Anteile eines Aktionärs, der seiner Verpflichtung zur Finanzierung nicht nachgekommen war, einzuziehen.
Der von der Zwangsabtretung betroffene Aktionär klagte dagegen und stütze sich auf Artikel L.227-15 des Handelsgesetzbuchs und trug vor, die Einziehung sei unwirksam, weil sie gegen Artikel 2-9 der Satzung verstoße. Art. 2-9 der Satzung regelte, dass ein Aktionär wegen der Verletzung von Regeln über die Funktionsweise der Gesellschaft ausgeschlossen werden dürfe.
Das Berufungsgericht Douai (CA Douai, 16. Dezember 2021, Nr. 20/01259) hatte zunächst entschieden, dass die im Pakt vereinbarte Klausel zur Einführung der Zwangsabtretung gemäß Artikel L.227-15 des Handelsgesetzbuchs unwirksam sei, weil sie gegen Artikel 2-9 der Satzung verstoße.
Der Kassationshof hob die Entscheidung indes auf und bestätigte die Zwangsabtretung. Artikel 2-9 der Satzung betreffe lediglich die Möglichkeit, einen Aktionär auszuschließen und hindere die Aktionäre nicht daran, sich im Rahmen einer Aktionärsvereinbarung zum Andienen ihrer Aktien (und damit ihrem faktischen Ausscheiden) unter bestimmten Bedingungen zu verpflichten. Es liegt damit im vorliegenden Fall kein Widerspruch zwischen der Aktionärsvereinbarung und der Satzung vor, so dass die Klausel nicht gem. Art. L.227-15 des französischen Handelsgesetzbuchs nichtig sei.
Die Existenz einer satzungsmäßigen Ausschlussklausel steht damit nicht der Möglichkeit entgegen, in einer Aktionärsvereinbarung weitere Gründe zu vereinbaren, auf Grundlage derer ein Aktionär sich vertraglich zu einer Übertragung seiner Anteile verpflichtet und damit auch faktisch aus der Gesellschaft ausgeschlossen werden kann.
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Dieser Artikel wurde von Dr. Christophe Kühl in Zusammenarbeit mit unserer Praktikantin Lili Lamaouche verfasst.
10.07.2023