Erweiterung des Mindestinhalts von Rahmenvereinbarungen in Frankreich
Das französische Handelsrecht verpflichtet Lieferanten und ihre Abnehmer eine schriftliche Rahmenvereinbarung mit einer Laufzeit von 1, 2 oder 3 Jahren zu schließen (sog. convention unique). Diese Rahmenvereinbarung muss neben den Verkaufsbedingungen auch die genaue Beschreibung der entgeltlichen Dienstleistungen zur Verkaufsförderung enthalten, die der Abnehmer zu erbringen hat.
In der Praxis versuchten die großen französischen Einzelhandelsunternehmen diese Verpflichtung zu umgehen, indem sie die entgeltlichen Dienstleistungen auf ausländische Konzernunternehmen (in der Regel Einkaufs- oder Listungszentralen) verlagerten und somit aus dem unmittelbaren Vertragsverhältnis mit dem Lieferanten herausnahmen. Obwohl es sich aus Sicht der französischen Gerichte es sich bei den Artikeln L.142-1 ff. des Handelsgesetzbuchs um Eingriffsnormen im Sinne von Artikel 9 § 1 der Rom-I-Verordnung[1], konnten solche Vereinbarungen mit im Ausland ansässigen Dritten nicht durch die französischen Behörden überprüft werden. Es bestand also die Gefahr, dass die Lieferanten an die ausländischen Einkaufszentralen Entgelte zahlen mussten, die im Rahmen der Angemessenheitsprüfung der vertraglichen Vereinbarungen de facto nicht berücksichtigt werden konnten.
Ein parlamentarischer Untersuchungsausschuss befasste sich mit dieser und anderen Praktiken und betonte in seinem Abschlussbericht den Mangel an Transparenz, der durch die Beauftragung ausländischer Dritter entstand. Es wurde bemängelt, dass diese Vergütungen zu einem Missverhältnis von Leistung und Gegenleistung führen und die Dienstleistungen oft niemals erbracht werden, sondern nur ein verdecktes Mittel des Einzelhandels zum Drücken der Preise seien.
Mit dem am 7. Dezember 2020 verabschiedeten Gesetz zur Beschleunigung und Vereinfachung des öffentlichen Handelns (sog. ASAP-Gesetz) will der Gesetzgeber unter anderem das Problem der ins Ausland zu zahlenden Vergütungen lösen. Gemäß Art. L. 441-3 III Nr. 4 des frz. Handelsgesetzbuchs müssen nun in den Rahmenvereinbarungen zwischen Vertriebshändlern und Lieferanten auch alle mit dem Abnehmer verbundenen Unternehmen im Ausland vereinbarten Dienstleistungen angegeben werden, sofern diese Beträge auf Produkte beziehen, die für den französischen Markt bestimmt sind.
Hiermit zielt der französische Gesetzgeber darauf ab, die Transparenz der Lieferbeziehungen zwischen den Einzelhandel und seinen Zulieferern zu erhöhen.
Konkret müssen die Rahmenvereinbarungen künftig zusätzlich folgende Angaben enthalten:
- Den Gegenstand der Vereinbarung mit dem ausländischen verbundenen Unternehmen,
- das Datum dieser Vereinbarung,
- die Modalitäten der zu erbringenden Dienstleistungen,
- die darin vorgesehene Vergütung und
- die Produkte, worauf sich die Vereinbarung bezieht.
Fraglich bleibt allerdings, wie der Begriff von juristischen Personen, die direkt oder indirekt mit Vertriebshändlern verbunden sind, ausgelegt wird. Davon wird die praktische Auswirkung dieser Pflichtangabe wahrscheinlich größtenteils abhängen.
Aus dieser neuen Pflichtangabe der Rahmenvereinbarung folgt, dass solche Vergütungen von der französischen Wettbewerbsbehörde[2] künftig anhand des Verbots der Verwendung unausgewogener Vertragsklauseln (déséquilibre significatif) und des Verbots, die Vertragsgegenseite Pflichten zu unterwerfen, die zu der geschuldeten Gegenleistung in einem „erheblichen Missverhältnis“ (avantage sans contrepartie ou disproportionné) geprüft werden können.
[1] Urteil des Berufungsgerichts Paris vom 21. Juni 2017, Az. 15/18784; Urteil des Berufungsgerichts Paris vom 9. Januar 2019, Az. 18/09522.
[2] Generaldirektion für Wettbewerb, Verbrauch und Betrugsbekämpfung (sog. DGCCRF).
15.12.2020