Frankreich verstärkt den Verbraucherschutz und reformiert sein Wettbewerbsrecht
Welche Konsequenzen hat die Reform für deutsche Unternehmen im Frankreichgeschäft?
Das Gesetz (Nr. 2008-3) vom 3. Januar 2008 für die Stärkung des Wettbewerbs zugunsten der Verbraucher wurde am 20. Dezember verabschiedet. Dieser Text ist dazu bestimmt, die Verbraucher besser zu informieren und zu schützen und auch neue Geschäftspraktiken unter Strafe zu stellen oder sogar zu verbieten, und betrifft insbesondere im Bereich des Fernabsatzes.
Durch das neue Gesetz wird zum Teil erheblich in Geschäftsbeziehungen zwischen Lieferanten und Zwischenhändlern eingegriffen: insbesondere wird das Berechnungssystem zur Ermittlung der Untergrenze für noch zulässige Wiederverkaufspreise (sog. revente à perte) neu definiert. Fortan müssen alle dem Käufer durch den Lieferanten gewährten finanziellen Vorteile bei der Berechnung berücksichtigt werden.
Eine weitere Neuerung ist, dass die Wartezeiten für die Hotlines und Kundendienste in Zukunft kostenlos sein müssen. Darüber hinaus erleichtert das Gesetz die Beendigung von Verträgen, räumt den Verbrauchern weitere Möglichkeiten ein, einen Mediator hinzuzuziehen und macht die Bankgebühren und die den Kunden durch die Kreditanstalten mitgeteilten Informationen transparenter.
Dieses Gesetz setzt die Richtlinie (Nr. 2005/29/EG) vom 11. Mai 2005 über unlautere Geschäftspraktiken der Unternehmen in das französische Verbraucherschutzgesetzbuch um, was vor dem 12. Juni hätte erfolgen müssen. Im Einzelnen:
Grundsätzliches Verbot von täuschenden Geschäftspraktiken
In Art. L 120-1 des französischen Verbrauchergesetzbuches wurde der Grundsatz verankert, dass täuschende Geschäftpraktiken grundsätzlich untersagt sind. Eine solche Täuschung liegt vor,
- wenn sie eine Verwechselung mit einem anderen Produkt oder einer Dienstleistung, einer Marke, einem Unternehmenskennzeichen oder einem sonstigen Unterscheidungsmerkmal eines Konkurrenten herbeiführt;
- wenn sie auf falschen Behauptungen, Angaben oder Präsentationen beruht oder auf solchen, die einen Irrtum hervorrufen können und sich auf eines der folgenden Merkmale bezieht: Existenz, Verfügbarkeit oder Art des Produkts oder der Dienstleistung; Preis oder Berechnungsart des Preises, wesentliche Eigenschaften des Produkts oder der Dienstleistung; After-Sales-Service, Umfang der Verpflichtungen des Verkäufers/Anbieters, Art oder Gründe für den Verkauf oder die Dienstleistung, Identität, Fähigkeit oder Rechte des Verkäufers, Behandlung von Reklamationen des Verbrauchers
- wenn die Person, für deren Rechnung gehandelt wird, nicht klar zu identifizieren ist.
- wenn wesentliche Informationen verschwiegen werden (Art der Leistung, Adresse des Leistenden, Preis, Zahlungsweise, Widerrufsrecht etc.)
Die Einhaltung dieser Geschäftsregeln kann durch die DGCCRF (Wettbewerbsbehörde) kontrolliert und sanktioniert werden.
Verkauf von Gütern und Erbringung von Dienstleistungen im Fernabsatz
Ab dem 1. Januar 2008 muss der Verkäufer oder Dienstleister seinem Kunden (nur Vertraucher) vor Vertragabschluss den spätesten Zeitpunkt angeben, bis zu dem er die Ware liefert oder die Dienstleistung erbringt. Andernfalls wird vermutet, dass der mit Vertragsschluss die Ware geliefert oder die Dienstleistung erbracht werden muss. Nur Finanzdienstleistungen sind von dieser Regelung ausgenommen.
Bei einer Nichteinhaltung diese Lieferfrist kann der Verbraucher die Auflösung des Kaufvertrages und eine Zurückerstattung verlangen. Der neue Artikel L121-20-1 des französischen Verbraucherschutzgesetzbuches (Artikel 31) sieht nämlich vor, dass, wenn der Lieferant (einschließlich des Internet-Dienstleisters) die Fristen für die Lieferung oder die angekündigte Dienstleistungserbringung nicht einhält und wenn das Widerrufsrecht ausgeübt wird, er dem Verbraucher die gesamten gezahlten Beträge zurückerstatten muss. Die Rückerstattung muss unverzüglich und spätestens vor Ablauf einer Frist von 30 Tagen nach dem Zeitpunkt, zu dem dieses Recht ausgeübt wurde, erfolgen. Diese Rückerstattung erfolgt durch jegliche Zahlungsmittel. Auf Vorschlag des Dienstleisters kann der Verbraucher, der sein Widerrufsrecht geltend gemacht hat, dennoch andere Zurückerstattungsmodalitäten wählen (zum Beispiel eine Gutschrift für den nächsten Kauf).
Maßnahmen im Bankensektor
Kreditanstalten müssen fortan aus Transparenzgründen ein zusammenfassendes Dokument über die im vorhergehenden Kalenderjahr durch die Kreditanstalt insgesamt eingenommenen Geldbeträge ausstellen. Diese Beträge betreffen die Produkte und Dienstleistungen, von denen der Kunde im Rahmen der Führung seiner Depositenkonten, einschließlich der erhobenen Zinsen im Falle eines Debetkontos, profitiert hat. Ferner sind die Kreditanstalten nach der Vorschrift verpflichtet, einen oder mehrere Meditatoren zu benennen. Ab dem 1. Oktober 2008 müssen die Angebote für Immobiliarkredite transparenter sein.
Maßnahmen im Bereich der elektronischen Kommunikation
Ab dem 1. Juni 2008 gelten neue Maßnahmen zum Schutz der Verbraucher und der Nichtunternehmer gegenüber Anbietern von Dienstleistungen im Bereich der elektronischen Kommunikation.
Die Kundenwerbung für Versicherungsprodukte
Laut Artikel 27 wird ab dem 1. Juli 2008 der durch einen Versicherungsvermittler besuchte Verbraucher besser informiert und hat bessere Möglichkeiten, auf den Vertrag zu verzichten. Diese Bestimmungen betreffen nicht die Risikolebensversicherungsverträge, die Kapitallebensversicherungsverträge, die Reise- und Gepäckversicherungsverträge und die Versicherungsverträge mit einer maximalen Dauer von einem Monat.
Änderung des Berechnungssystems der Untergrenze für die Wiederverkaufspreise
Im Artikel 1 des Gesetzes wird eine Abänderung der Berechnungsregel der Untergrenze für die Wiederverkaufspreise vorgesehen, damit alle dem Käufer durch den Lieferanten gewährten finanziellen Vorteile dabei berücksichtigt werden. Somit „entspricht der tatsächlicher Kaufpreis dem auf der Rechnung stehenden Nettoeinzelpreis, abzüglich der anderen durch den Verkäufer gewährten finanziellen Vorteile, welche im prozentualen Anteil an dem Nettoeinzelpreis ausgedrückt werden, und zuzüglich der Umsatzsteuern, der mit diesem Wiederverkauf verbundenen Gebühren und der Transportkosten“.
Formalisierung der Beziehungen zwischen dem Lieferanten und dem Zwischenhändler oder dem Dienstleister
Artikel 2 des Gesetzes bezieht sich auf den Inhalt der schriftlichen Vereinbarung zwischen dem Lieferanten und dem Zwischenhändler oder dem Dienstleister und beschreibt das Ergebnis der geschäftlichen Verhandlung, die geschäftliche Zusammenarbeit und die unterschiedlichen Dienstleistungen.
Übereinstimmung der Produkte mit den geltenden Vorschriften
Ziel des Artikels 38 ist, den Verbraucherschutz zu verstärken, indem der Betreiber von den im Artikel L215 1 erwähnten Agenten (insbesondere den Agenten der französischen Generaldirektion des Wettbewerbs, des Verbrauchs und der Bekämpfung betrügerischer Praktiken) verpflichtet werden kann, für die Übereinstimmung der Leistung mit den geltenden Vorschriften zu sorgen (insbesondere durch eine Änderung der im Rahmen der Erbringung der Dienstleistung den Verbrauchern zur Verfügung gestellten Produkte oder Ausstattungen) und indem es den Präfekten erlaubt ist, nötigenfalls die Unterbrechung der Leistung anzuordnen.
Diese Maßnahmen gelten insbesondere für Spielplätze und Sonnenstudios, wo die zur Verfügung gestellten Ausstattungen nicht immer den geltenden Vorschriften entsprechen und folglich Risiken für die Verbraucher darstellen können.
Im Falle einer großen oder unmittelbar drohenden Gefahr im Zusammenhang mit einer kostenlosen oder kostspieligen Dienstleistung kann der Präfekt oder der Polizeipräsident der Stadt Paris die notwendigen Notmaßnahmen treffen. Nötigenfalls kann er die Dienstleistung für eine Dauer von nicht länger als 2 Monaten unterbrechen. Der Dienstleister trägt die aus der Anwendung dieser Maßnahmen entstehenden Kosten.
Die anderen Maßnahmen
- Eröffnung der Möbelgeschäfte am Sonntag (Artikel 11)
- Die juristische Person, welche keine Rechnung ausstellt, obwohl sie dazu verpflichtet ist, unterliegt nun, neben den bestehenden Strafen, einer Strafe in Form eines Ausschlusses von den öffentlichen Aufträgen für eine Dauer von höchstens 5 Jahren (Artikel 9).
- Der Dienstleister (Unternehmer) muss den Verbraucher oder Nichtunternehmer schriftlich, frühestens 3 Monate und spätestens 1 Monat vor Ablauf der Frist, innerhalb derer er die Verlängerung des Vertrages ablehnen darf, über die Möglichkeit informieren, den Vertrag, den er mit einer Klausel über stillschweigende Verlängerung abgeschlossen hat (Artikel 33), nicht zu verlängern.
Sanktionen
Verstöße gegen die Regelungen gegen den unlauteren Wettbewerb werden mit Haft bis zu zwei Jahren oder einer Geldstrafe von bis zu 37.500 EUR bestraft. Juristische Personen können zu dem 5-fachen dieses Betrages verurteilt werden (187.500 EUR). Die Geldstrafe kann auf 50 % der Ausgaben für die Werbung oder die Geschäftspraktik, durch welche der unlautere Wettbewerb begangen wurde, angehoben werden.
Zusammenfassung
Die oben genannten Reformen werden einen erheblichen Einfluss auch auf deutsche Unternehmen haben, da sie zwingende Vorschriften sind, die auch von deutschen Unternehmen im Frankreichgeschäft beachtet werden müssen. Aus unserer Erfahrung mehren sich die Anzeigen von Konkurrenten, die bei der DGCCRF (Wettbewerbsbehörde) unlautere Praktiken anzeigen, um Konkurrenzunternehmen zu schwächen. Häufig zeigt sich erst im Rahmen einer Untersuchung durch die Behörde, dass die Geschäftspapiere und insbesondere die Allgemeinen Geschäftsbedingungen dem französischen Recht nicht angepasst waren, wodurch zum Teil empfindliche Sanktionen ausgelöst werden können.
In diesem Zusammenhang ist auch auf weitere für deutsche Unternehmen relevante Änderungen hinzuweisen, die die Übermittlung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen betrifft (Art. L. 441-6 c.com.) für die die bestehende strafrechtliche Sanktion durch eine zivilrechtliche Sanktion aufgehoben wurde. Ferner ist darauf hinzuweisen, dass die Nichteinhaltung vertraglicher Zahlungsfristen in Frankreich fortan strafrechtlich mit einer Geldstrafe in Höhe von bis zu 15.000 EUR belangt werden kann (Art. L. 441-6 c.com.).
06.01.2008