Wer darf in Frankreich die Kündigung eines Mitarbeiters aussprechen?
Nach dem französischen Arbeitsgesetzbuch ist es der Arbeitgeber, der die Kündigung ausspricht und auch das dazugehörige Vorgespräch führt. Es ist allerdings in Grenzen möglich, dass der Arbeitgeber andere Personen dazu bevollmächtigt, diese Aufgaben in einem spezifischen oder in allen Kündigungsverfahren wahrzunehmen. Bei Mitarbeitenden aus der Personalabteilung kann diese Befugnis auch direkt kraft ihrer Funktion entstehen.
Die ständige Rechtsprechung des Kassationshofes verbietet es allerdings, eine „unternehmensfremde Person“ zu bevollmächtigen, diese Rolle einzunehmen. Dieses Kriterium wird aber in Konzernen mit mehreren Tochtergesellschaften breiter ausgelegt.
Der Kassationshof hatte bereits erklärt, dass die Bevollmächtigung des HR-Leiters der Muttergesellschaft zulässig ist.
In seiner neuen Entscheidung vom 28. Juni 2023 (Nr. 21-18.142) fügte der Kassationshof dieser Rechtsprechungslinie außerdem hinzu, dass auch der Geschäftsführer einer anderen Tochtergesellschaft das Vorgespräch führen und die Kündigung aussprechen darf, wenn er ausdrücklich mit der Personalverwaltung der betreffenden Einheit beauftragt wurde.
Im konkreten Fall wurde für das Kündigungsverfahren eines Arbeitnehmers der Geschäftsführer einer anderen Gesellschaft derselben Unternehmensgruppe als „externer Berater“ in das betreffende Unternehmen entsandt. Die Richterinnen und Richter stellten fest, dass man sich nicht an der Mehrdeutigkeit des Begriffs „Berater“ aufhalten sollte, welcher auf den ersten Blick ein Recht zur letztendlichen Entscheidungsfindung ausschließt. Stattdessen müssten die konkreten Bedingungen des Auftrags, der erteilt wurde, in den Blick genommen werden. Daraus abzuleiten ist der Umfang der mit dem Auftrag verbundenen Befugnisse, was in diesem Fall auch die operative administrative und finanzielle Leitung des Unternehmens und damit auch die Personalverwaltung umfasste.
Praxistipp
Wenn in einer Tochtergesellschaft Ihres Konzerns einem Arbeitnehmer gekündigt werden soll, können Sie auch den Geschäftsführer einer anderen Tochtergesellschaft damit beauftragen, das Kündigungsverfahren zu leiten. Wichtig dabei ist, dass der Inhalt des dazu erteilten Auftrages hinreichend klar formuliert ist, um zu vermeiden, dass eine ausreichende Reichweite der erteilten Vollmacht angezweifelt wird.
Falsch wäre es, aus dem Urteil einen Blankoscheck für jeden Mitarbeiter, der eine Führungsposition in der Gruppe hat, abzuleiten.
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Dieser Artikel wurde von Emilie Wider in Zusammenarbeit mit unserem Praktikanten Nando Spicker verfasst.
17.08.2023