Französische Wettbewerbsbehörde DGCCRF erhält erweiterte Sanktionsbefugnisse
Mit einem neuen Gesetz namens DDADUE [1] erteilt der französische Gesetzgeber der Generaldirektion für Wettbewerb, Verbrauch und Betrugsbekämpfung („DGCCRF“ [2]) umfangreiche neue Befugnisse, mit dem Ziel zeit- und kostenaufwendige Gerichtsverfahren verbraucherrechtlicher und handelsrechtlicher Natur zu beschleunigen oder gar zu vermeiden.
Das am 18. November 2020 verabschiedete Gesetz dient insbesondere der Umsetzung der EU-Richtlinien Nr. 2019/770 „Digitale Dienste und Inhalte", Nr. 2019/771 „Verkauf von Gütern" und Nr. 2019/2161 „Omnibus“ zur Verstärkung des Verbraucherschutzes ins französische Recht sowie der Anpassung des französischen Rechts an die EU-Verordnungen Nr. 2019/1150 vom 20. Juni 2019 „Platform to business“ und Nr. 2018/302 vom 28. Februar 2018, die darauf abzielen, die Praxis des „Geoblocking“ zu verbieten.
Das Gesetz fügt unter anderem einen neuen Artikel L.470-1 III in das des französischen Handelsgesetzbuchs ein, der es der DGCCRF ermöglicht, ohne vorheriges Gerichtsverfahren Sanktionen gegen Unternehmen zu verhängen, die gegen bestimmte Vorschriften verstoßen haben.
Neue Befugnisse der französischen Wettbewerbsbehörde
Bisher beschränkten sich die Befugnisse der DGCCRF auf die Kontrolle und die Verhängung von Verwaltungssanktionen wegen Nichteinhaltung Regeln in Frankreich. Dies erfasste insbesondere die Nichteinhaltung von Zahlungsfristen, die Nichtbeachtung der Regeln zu vorgeschriebenen Rahmenvereinbarungen und zur Rechnungsstellung. Alle anderen Gesetzesverstöße, insbesondere materiellrechtliche Streitigkeiten, konnten nur von den Gerichten sanktioniert werden.
Das neue Gesetz erweitert nun den Zuständigkeitsbereich der DGCCRF und räumt dieser das Recht ein, auch bei Verstößen gegen die Artikel L.440-1 bis 443-4 des französischen Handelsgesetzbuches (Bestimmungen über die Transparenz, wettbewerbswidrige Praktiken und andere verbotene Praktiken), zu denen auch die sog. wettbewerbseinschränkenden Praktiken zählen, wie etwa das Verbot der Verwendung unausgewogener Vertragsklauseln. Bei Verstößen kann die französische Wettbewerbsbehörde in Zukunft selbst Sanktionen und Bußgelder verhängen, ohne hierzu die Handelsgerichte bemühen zu müssen.
Zusätzlich zu den Strafen, die nun in den Zuständigkeitsbereich der DGCCRF fallen, können durch die DGCCRF Zwangsgelder in Höhe von 0,1 % des konsolidierten weltweiten Konzernnettoumsatzes pro Tag auferlegen und diese bis zu 1 % dieses Umsatzes liquidieren.
Verteidigungsmöglichkeiten der betroffenen Unternehmen
Nach der Feststellung eines Gesetzesverstoßes durch die DGCCRF muss diese zunächst das betroffene Unternehmen und ggfs. deren gesetzlichen Vertreter über die geplanten Sanktionen in Kenntnis setzen. Das Unternehmen verfügt sodann gemäß Art. L. 470-2 IV des französischen Handelsgesetzbuchs über eine Frist von 60 Tagen, um zu den Vorwürfen der DGCCRF schriftlich Stellung zu nehmen.
Falls die DGCCRF die Sanktionen trotz dieser Stellungnahme verhängt, bleibt dem Unternehmen nur die Möglichkeit, im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes die Aussetzung der Sanktion zu beantragen. Gegen die Entscheidung der DGCCRF kann ein Rechtsmittel eingelegt werden, allerdings hat dieses keine aufschiebende Wirkung.
Die neuen Befugnisse der französischen Wettbewerbsbehörde werden in der juristischen Literatur kritisiert, da die beschleunigten Verfahren im Vergleich zu einem Gerichtsverfahren die effektive Ausübung von Verteidigungsrechten erschwert.
Nun bleibt abzuwarten, wie die DGCCRF in der Praxis ihren neuen Befugnissen Gebrauch machen wird. Klar ist allerdings, dass das Risiko von Sanktionen für die in Frankreich tätigen Unternehmen mit dem Gesetz erheblich steigt.
[1] Gesetz über verschiedene Bestimmungen zur Anpassung an das Recht der Europäischen Union im Wirtschafts- und Finanzbereich, sog. „Loi portant diverses dispositions d’adaptation au droit de l’Union européenne en matière économique et financière“.
[2] Kontrollabteilung des französischen Wirtschaftsministeriums.
04.12.2020