Frist zur Forderungsanmeldung für ausländische Gläubiger
Der französische Kassationsgerichtshof hat sich durch Urteil vom 18. Januar 2023 (Kassationsgerichtshof, Handelskammer, 18. Januar 2023, Az. 21-15.514) zur Länge der Frist geäußert, in der ein ausländischer Gläubiger seinen Schadensersatzanspruch wegen Vertragsbeendigung anmelden kann.
Der Kassationsgerichtshof entschied, dass Artikel R. 622-24 des französischen Handelsgesetzbuchs, der dem ausländischen Gläubiger eine zusätzliche Frist von zwei Monaten für die Anmeldung seiner Forderung nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens einräumt, nicht auf die Anmeldung einer Forderung wegen Beendigung eines laufenden Vertrags anwendbar ist.
In dem zugrundeliegenden Fall haben zwei Gesellschaften einen Lizenzvertrag über eine Marke geschlossen. Über das Vermögen des Lizenznehmers wurde zu einem späteren Zeitpunkt in Frankreich zuerst ein Sanierungs- und später ein Insolvenzverfahren eröffnet. Der Lizenzgeber hat den Insolvenzverwalter aufgefordert ihm mitzuteilen, ob dieser weiterhin am Vertrag festhalten will.
Da der Insolvenzverwalter nicht innerhalb der einmonatigen Frist antwortete, wurde der Vertrag gemäß Artikel L.622-13 des französischen Handelsgesetzbuchs automatisch gekündigt. Der Gläubiger meldete jedoch seinen Schadensersatzanspruch fast drei Monate nach der Kündigung an.
In der Folge wurde er von der Teilnahme an der Mittelverteilung ausgeschlossen, weil die Anmeldefrist verstrichen war. Der Gläubiger berief sich aber auf Artikel R. 622-24 des Handelsgesetzbuchs, der eine zusätzliche Frist von zwei Monaten für die Anmeldung der Forderung gewährt, wenn der Gläubiger im Ausland ansässig ist.
Zur Klarstellung: Insolvenzgläubiger mit Forderungen, die vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens entstanden sind, verfügen über eine Frist von zwei Monaten ab dem Eröffnungsbeschluss, um ihre Forderung anzumelden (Art. L. 622-24 Abs. 1 des Handelsgesetzbuchs). Nach Absatz 2 dieses Artikels verlängert sich diese Frist für Gläubiger im Ausland um weitere zwei Monate.
Diese Bevorzugung von Gläubigern im Ausland geht auf die Erkenntnis zurück, dass es für sie aufgrund der Entfernung schwieriger ist, von Insolvenzverfahren gegen ihre Schuldner Kenntnis zu erlangen, zumal französische Insolvenzverwalter bei weitem nicht alle Gläubiger zur Anmeldung der Forderungen zur Tabelle auffordern.
Die Frage, die sich dem Kassationsgerichtshof stellte, war, ob der zweite Absatz des Artikels R. 622-24 nur für die Anmeldung von Forderungen gilt, die vor dem Eröffnungsbeschluss entstanden sind, oder auch solche Forderungen erfasst, die nach dem Eröffnungsbeschluss entstehen und auf Zahlung von Schadensersatz wegen Vertragsbeendigung gerichtet sind.
Der Kassationsgerichtshof entschied über die Auslegung des zweiten Absatzes von Artikel R. 622-24 des Handelsgesetzbuchs: Die Fristverlängerung betrifft nur die Anmeldung von Forderungen, die vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens entstanden sind.
Es ist nunmehr klar, dass im Ausland ansässige Gläubiger, die ihre Forderung auf Schadensersatz wegen Kündigung eines laufenden Vertrags anmelden wollen, wie jeder andere Gläubiger die in Artikel R. 622-21 des Handelsgesetzbuchs vorgesehene Frist von einem Monat nach der Kündigung einhalten müssen.
01.02.2023