Haftung bei verspäteter Insolvenzanmeldung
Der Geschäftsführer einer Kapitalgesellschaft in Frankreich kann bei einer verspäteten Anmeldung einer Insolvenz mit seinem Privatvermögen haften – Änderung der Rechtsprechung
Nach französischem Recht hat der Geschäftsführer einer Kapitalgesellschaft die Insolvenz spätestens 45 Tage nach Feststellung der Zahlungsunfähigkeit anzumelden. Diese Zahlung ist ein faktischer Begriff und hängt davon ab, ob das Unternehmen mit den aktiv verfügbaren Barmitteln die fälligen Verbindlichkeiten bedienen kann oder nicht. Das Eröffnungsurteil legt den Zeitpunkt der Zahlungseinstellung fest, es kann, auf Antrag des Insolvenzverwalters, diesen Zeitpunkt – insbesondere zum Zwecke der Anfechtung – auch nachträglich vorverlegen.
Nach ständiger Rechtsprechung in Frankreich kann eine verspätete Anmeldung der Insolvenz einen Geschäftsführungsfehler darstellen, der eine Verurteilung des Geschäftsführers zur Übernahme der Gesellschaftsschulden rechtfertigt.
Das oberste französische Gericht, der „Cour de cassation“ hat nunmehr entschieden, dass sich die Versäumnis allein nach dem im Eröffnungsurteil des Insolvenzverfahrens oder im Aufschiebungsbeschluss festgelegten Datum der Zahlungsunfähigkeit richtet. Im weiteren hat es die Entscheidung eines Berufungsgerichts („Cour d’appel“) scharf kritisiert, das einen Geschäftsführer für die verspätete Mitteilung der Zahlungsunfähigkeit mit der Begründung verurteilt hatte, die Gesellschaft sei „mindestens seit dem 5. Juli“ zahlungsunfähig gewesen, ohne zu präzisieren, ob dieses Datum vom Eröffnungsurteil oder Ausschiebungsbeschluss festgelegt wurde.
Diese Entwicklung ist für Geschäftsführer in Frankreich, die sich einer Insolvenz ausgesetzt sehen, eher positiv. In der Tat wurde bislang von den Gerichten in Frankreich bei der Frage der Haftung des Geschäftsführers auf den tatsächlichen Zeitpunkt der Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft abgestellt, der deutlich vor dem Datum, das im Eröffnungsurteil des Insolvenzverfahrens festgelegt wird, liegen konnte.
Der „Cour de cassation“ führte an, dass diese Handlungsweise das Ziel hatte, Konsequenzen aus dem Verhalten eines Geschäftsführers zu ziehen, der obwohl er sich nicht dazu in der Lage sehe die fälligen Forderungen mit den ihm zur Verfügung stehenden Mitteln zu bedienen, keine Mitteilung seiner Zahlungsunfähigkeit innerhalb der gesetzlichen Frist mache. (insbesondere, Cass. com. 30-11-1993 n° 91-20.554 : RJDA 4/94 n° 460).
Von nun an ergibt sich das Datum der Zahlungsunfähigkeit unmittelbar aus dem Eröffnungsurteil. Hat der Insolvenzverwalter mehr als 45 Tage von diesem Zeitpunkt an mit der Antragstellung gewartet, so könnte er sich auch persönlichen Haftungsklagen ausgesetzt sehen. Da aber in der Praxis sehr häufig das Eröffnungsurteil den Tag der Zahlungsunfähigkeit mit dem Tag der Antragstellung gleich setzt, dürfte das Haftungsrisiko für Geschäftsführer im Frankreichgeschäft durch diese neue Rechtsprechung eher reduziert werden. Gleichwohl besteht immer das Risiko, dass das Gericht den Zeitpunkt der Zahlungsunfähigkeit vorverlegt, so dass mit einer Antragstellung möglichst nie zu lang zugewartet werden sollte.
11.11.2014