Neue Regeln zum Rechtsmittel gegen Entscheidungen des französischen Insolvenzrichters
Im Frühjahr 2025 hat die Handelskammer des französischen Kassationsgerichtshofs (Cour de cassation, Com. 26 mars 2025, n° 23-21.958) eine zentrale Frage bezüglich des Vorgehens gegen Beschlüsse des „juge-commissaire“ – des Insolvenzrichters – geklärt. Dabei ging es insbesondere darum, auf welchem Wege eine Streitigkeit um die Aufnahme oder die Ablehnung privilegierter nachrangiger Forderungen in die Liste der während eines Insolvenzverfahrens entstandenen, aber noch nicht beglichenen Forderungen zu führen ist.
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Sachverhalt
Eine Gesellschaft wurde im März 2020 unter Insolvenzverwaltung gestellt. Die Eröffnung des Liquidationsverfahrens folgte im Oktober 2020. Die französische Sozialversicherung URSSAF meldete anschließend beitragsbezogene Forderungen aus dem Zeitraum unter Insolvenzverwaltung. Der Insolvenzverwalter nahm jedoch eine der Forderungen (betreffend den Oktober 2020) nicht in die Liste der unbeglichenen privilegierten Forderungen auf, da sie seiner Meinung nach bereits erfüllt war.
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Rechtliche Überlegungen
Die URSSAF bemängelte, dass der Insolvenzverwalter die Liste verspätet eingereicht habe und deshalb die Forderung pflichtwidrig ausgelassen habe. Sie rief den „juge-commissaire“ an, der jedoch die Beschwerde zurückwies. Die URSSAF legte daraufhin Berufung („appel“) bei der Cour d’appel ein, die zugunsten der URSSAF entschied und den Forderungsbetrag zur Insolvenztabelle hinzufügte.
Die Frage für die höchste Instanz war daher: Auf welchem Weg ist gegen Beschlüsse des Insolvenzrichters in diesem Kontext korrekt vorzugehen – direkt per Berufung zum Berufungsgericht oder zunächst mittels Beschwerde an das (Insolvenz-)Gericht?
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Entscheidung und Begründung
Die Cour de cassation kassierte das Urteil der Berufungsinstanz mit Hinweis auf geltendes Recht: Nach den maßgeblichen Verfahrensregeln, namentlich Artikel R. 621-21 des französischen Handelsgesetzbuchs, muss gegen solche Beschlüsse des Insolvenzrichters („juge-commissaire“) zunächst der Weg des Recours, also der Beschwerde beim zuständigen Insolvenzgericht, beschritten werden. Eine direkte Berufung zum Berufungsgericht ist, mangels spezieller anderweitiger Regelung, unzulässig und unstatthaft.
Das höchste Gericht betont damit die Notwendigkeit, die Instanzenreihenfolge strikt einzuhalten, um Verfahren nicht unnötig zu verzögern und das rechtliche Gefüge zu wahren. Ein sofortiges Rechtsmittel an das Berufungsgericht ist nur in besonderen, ausdrücklich geregelten Fällen (z. B. bei der förmlichen Forderungsanerkennung selbst) zulässig.
Cour de cassation, chambre commerciale, 26 mars 2025, 23-21.958 (auf Französisch)
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13.06.2025