Hausdurchsuchungen bei Betriebsstätten in Frankreich zulässig
Wenn eine Gesellschaft ausländischen Rechts in Frankreich über eine Betriebsstätte verfügt, muss sie ihre steuerlichen Verpflichtungen auch in Frankreich erfüllen. Eine der Hauptpflichten ist die zur ordentlichen Rechnungslegung. Wenn die Erklärungspflichten nicht erfüllt werden, gilt nach französischem Recht die Vermutung, dass die Buchhaltung wissentlich unterlassen oder unrichtig erstellt wurde. Besteht ein derartiger Verdacht, dürfen Steuerbeamte mit Hausdurchsuchungen nach Beweisen suchen.
In mehreren Beschlüssen vom 15. Februar 2023 hat der Kassationsgerichtshof entschieden, dass Hausdurchsuchungen und Beschlagnahmen französischer Steuerbeamter auch bei französischen Betriebsstätten ausländischer Unternehmen zulässig sind.
Nach Auffassung der höchsten Richter unterliegen Betriebsstätten allen steuerrechtlichen Vorschriften in dem Staat, in dem sie sich befinden, und damit auch den Regelungen zu Hausdurchsuchungen und Beschlagnahmen.
Das französische Steuerverfahrensgesetz erlaubt Hausdurchsuchungen immer dann, wenn durch sie der Beweis einer Steuerstraftat erbracht werden soll, also etwa der Beweis einer Steuerhinterziehung.
Steuerfahndungen können dabei in Frankreich von der Justizbehörde genehmigt werden, wenn ein Verdacht besteht, dass ein Steuerpflichtiger die Anforderungen der französischen allgemeinen Steuerordnung nicht erfüllt.
Der bloße Verdacht eines Betruges reicht dabei aus, um die Genehmigung einer Hausdurchsuchung zu rechtfertigen. Dementsprechend ist der Kassationsgerichtshof der Ansicht, dass der Richter davon befreit ist zu untersuchen, ob es tatsächlich eine Betriebsstätte gibt, insbesondere im Hinblick auf bilaterale Steuerabkommen (Com. 9 mars 2010, n° 09-14.707). Denn die Anwendung des Steuerabkommens sei Sache des Steuerrichters und nicht des Richters, der über die Genehmigung der Hausdurchsuchung zu entscheiden hat (Com. 30 mai 2012, n° 11-14.601).
Der Kassationsgerichtshof hat in diesem Zusammenhang auch festgestellt, dass die Anwendung der französischen steuerlichen Vorschriften weder die Niederlassungsfreiheit verletze, noch ausländische Gesellschaften diskriminiere. Die Bestimmungen stellten keine steuerlichen Maßnahmen dar, die die Ausübung der Niederlassungsfreiheit verbieten, behindern oder weniger attraktiv machten, da sie den Steuerpflichtigen keine besonderen Verpflichtungen auferlege.
(Com. 15 févr. 2023, n° 20-20.600 ; n° 20-20.599 et n° 21-13.288)
Dieser Artikel wurde von Dr. Christophe Kühl in Zusammenarbeit mit unserer Élève avocate Alessandra Pedinotti verfasst.
14.03.2023