Ihr Einstieg in den französischen Markt
Übersicht
- Worauf ist beim Einstieg in den französischen Markt zu achten?
- Welche Optionen habe ich für einen Einstieg in den französischen Markt?
Praxistipps
- Erleichtern Sie Ihren französischen Kunden die Kontaktaufnahme – ohne französische Telefonnummer und Adresse geht nichts.
- Stellen Sie Mitarbeiter ein, die die französische Sprache beherrschen.
- Wägen Sie die Vor- und Nachteile der verschiedenen Vertriebsformen (Handelsvertreter, Distributor, angestellter Vertriebsmitarbeiter) ab.
- Nutzen Sie die Vorteile einer Kapitalgesellschaft (besseres Standing gegenüber französischen Kunden, Beschränkung der Haftung).
1 Worauf ist beim Einstieg in den französischen Markt zu achten?
Der französische Markt gehört zu den großen Märkten Europas und ist für Unternehmen aus dem deutschen Sprachraum einer der wichtigsten Zielmärkte.
Einige Unternehmen erschließen den französischen Markt, ohne sich dort niederzulassen oder vor Ort eine Gesellschaft zu gründen, zum Beispiel über das Internet, Vertriebspartner oder öffentliche Aufträge.
Allerdings bringt eine Übersetzung der Geschäftsunterlagen allein (z. B. Briefbogen, Broschüren, Handbücher, Homepage etc.) nicht immer den gewünschten Erfolg. Oft hat dies einfache, psychologische Gründe: Französische Kunden zögern in der Regel, Waren und Dienstleistungen bei einer nur im Ausland ansässigen Gesellschaft zu bestellen, insbesondere wenn für die Bestellung oder Erlangung von Produktinformationen eine deutsche Telefonnummer gewählt werden muss. In diesem Zusammenhang besteht bei manchen Kunden die Befürchtung, an einen ausschließlich deutschsprachigen Gesprächspartner zu geraten (was uns trotz mancher Vorurteile gegenüber Franzosen und ihrer mangelnden Flexibilität bezüglich Fremdsprachen umgekehrt vermutlich genauso gehen würde).
Aus diesem Grund sollte stets Augenmerk darauf gelegt werden, dass sich der französische Kunde »zu Hause fühlt«. Sämtliche Hürden, die die erste Kontaktaufnahme oder Bestellung erschweren könnten, sollten beseitigt werden. Der einfachste Weg zu diesem Ziel besteht darin, eine französische Geschäftsadresse und Telefonnummer vorweisen zu können. Möchte man, den französischen Markt aber langfristig und mit einer Präsenz vor Ort erschließen, wird man in der Regel eine französische Tochtergesellschaft gründen.
2 Welche Optionen habe ich für einen Einstieg in den französischen Markt?
Die Wahl der jeweiligen Struktur hängt davon ab, wie beherzt eine Gesellschaft ihren Markteintritt betreiben möchte. In der Praxis erfolgt häufig ein stufenweiser Eintritt in den französischen Markt, bei dem die nachstehend dargestellten Etappen durchlaufen werden.
2.1 Die einfachste Form: Die virtuelle Präsenz
Aus kaufmännischen Gründen ist es ratsam, zumindest über eine Anschrift in Frankreich und eine französische Telefonnummer zu verfügen, um potentiellen Kunden aus Frankreich die Kontaktaufnahme zu erleichtern. Die Anrufe können dabei nach Deutschland umgeleitet werden. Mit dieser kostengünstigen und flexiblen Lösung werden erste Barrieren bei der Kontaktaufnahme französischer Kunden aus dem Weg geräumt.
Merkmale:
- Hohe Flexibilität, geringe Kosten.
- Die Gesellschaft ist nicht physisch präsent und unternimmt keine aktiven Schritte in Frankreich.
- Alle Verträge werden mit der deutschen Gesellschaft abgeschlossen.
- Die Buchhaltung erfolgt ausschließlich auf Ebene der Muttergesellschaft und die Gewinne werden in Deutschland besteuert (sofern keine steuerliche Betriebsstätte besteht).
- Es sollte sichergestellt werden, dass Anrufe aus Frankreich von einem französischsprachigen Mitarbeiter entgegengenommen werden.
Vorteile:
- Überschaubare Kosten.
- Keine langfristigen Verpflichtungen.
- Vereinfachte Kontaktaufnahme für Kunden, die sich positiv auf den Umsatz auswirkt.
Nachteile:
- Die Gesellschaft verfügt über keine operative Tätigkeit in Frankreich und betreibt dort keine aktive Kundengewinnung.
- In marketingtechnischer Hinsicht wirkt sich die mangelnde Präsenz und Kommunikation mit einer rein deutschen Struktur mittelfristig negativ aus.
- Die deutsche Gesellschaft haftet in vollem Umfang für die Geschäftstätigkeit in Frankreich.
Fazit: Diese Struktur ist insbesondere in der Startphase zur Marktsondierung geeignet.
2.2 Vertrieb durch Handelsvertreter, Vertriebshändler, Vertriebsmitarbeiter
Besser – aber auch kostenintensiver – ist es, auf eine physische Präsenz in Frankreich zu setzen. Eine solche kann aus (i) einem Handelsvertreter, (ii) einem Vertriebshändler oder (iii) angestellten Vertriebsmitarbeitern bestehen. Alle drei Vertriebsformen können natürlich mit einer virtuellen Präsenz kombiniert werden.[1]
Merkmale:
- Die deutsche Gesellschaft schließt einen Vertrag mit einer Vertriebsperson (selbständig oder nicht) ab, die in Frankreich von zu Hause oder ihrem eigenen Büro aus für die Gesellschaft arbeitet.
- Alle Verträge mit Kunden werden mit der deutschen Gesellschaft abgeschlossen.
- Die Buchhaltung erfolgt ausschließlich auf Ebene der deutschen Gesellschaft und die Gewinne werden in Deutschland besteuert (sofern keine steuerliche Betriebsstätte besteht).
Vorteile:
- Die Gesellschaft verfügt über einen Ansprechpartner vor Ort und ist aktiv am Markt tätig.
- Die laufenden Kosten sind geringer als bei der Gründung einer Tochtergesellschaft und können umsatzabhängig gestaltet werden.
Nachteile:
- Je nach Vertragsform (z. B. Handelsvertreter- oder Vertriebshändlervertrag) ist die Weisungsbefugnis der Gesellschaft gegenüber dem Vertriebspartner vor Ort begrenzt.
- Gute Handelsvertreter und Vertriebshändler sind schwer zu finden, während angestelltes Vertriebspersonal umsatzunabhängige Grundkosten verursacht.
- Die Kosten einer Vertragsbeendigung können je nach gewähltem Vertragstyp erheblich sein.
- Je nach Vertriebsform kommen die Verträge direkt zwischen den Kunden und der deutschen Gesellschaft zustande, die auch für deren Erfüllung haftet.
- Darüber hinaus besteht das Risiko der Begründung einer Betriebsstätte im steuerrechtlichen Sinne, was erhebliche steuerliche Auswirkungen hat.[2]
- In kaufmännischer Hinsicht besteht das Problem, dass die französischen Kunden je nach Vertriebsform keinen französischen Vertragspartner haben und damit bei Bestellungen zurückhaltender sein könnten.
Fazit: Aktiver Vertrieb mit relativ geringen Fixkosten, geeignet zum Aufbau langfristiger Kundenbeziehungen bei begrenztem Budget. Das steuerliche Risiko der Betriebsstätte ist zu berücksichtigen.
2.3 Gründung einer Tochtergesellschaft
Die Gründung oder der Erwerb einer Tochtergesellschaft in Frankreich ist in den meisten Fällen die vorteilhafteste aber auch kostenintensivste Form des Markteintritts. Sie bietet zahlreiche Vorteile rechtlicher, wirtschaftlicher und kaufmännischer Art.
Merkmale:
- Eine Tochtergesellschaft ist eine von der Muttergesellschaft unabhängige juristische Person mit uneingeschränkter Rechts- und Geschäftsfähigkeit.
- Die Tochtergesellschaft schließt alle Verträge mit ihren Partnern und Kunden in Frankreich ab und haftet daher allein gegenüber Dritten für die Erfüllung ihrer vertraglichen Verpflichtungen.
- Die Rechnungen werden von der Tochtergesellschaft selbst erstellt.
- Sie führt ihre eigene Buchhaltung.
- Sie stellt ihre eigenen Mitarbeiter in Frankreich ein.
Vorteile:
- Der Hauptvorteil besteht in der durch die Tochtergesellschaft geschaffenen Marktpräsenz.
- Des Weiteren ermöglicht die Gründung einer Tochtergesellschaft eine Haftungsabschottung zwischen der französischen Tochtergesellschaft und der Muttergesellschaft in Deutschland, so dass die Gläubiger in der Regel keine Ansprüche gegen die deutsche Muttergesellschaft erheben können.
- Ein weiterer Vorteil besteht in der Verringerung des Verwaltungsaufwands und der übersichtlichen Organisation der Handels- und Finanzgeschäfte, da diese eindeutig der einen oder anderen Gesellschaft zugeschrieben werden können. Eine Doppelbesteuerung kann so vermieden werden.
- Im Falle der Schließung der Tochtergesellschaft haftet die Muttergesellschaft in der Regel nicht gegenüber den Gläubigern der Tochtergesellschaft (z. B. Kunden, Arbeitnehmer, Banken etc.).
Nachteile:
- Die laufenden Kosten sind höher, insbesondere die Verwaltungskosten (Buchhaltung, Steuerberatung, ggf. Wirtschaftsprüfer etc.).
- Die Löschung der Gesellschaft erfordert etwas mehr Aufwand als die Löschung einer Niederlassung.
Fazit: Trotz der höheren Kosten ist die Gründung einer Tochtergesellschaft in aller Regel der solideste und kaufmännisch sinnvollste Schritt: Direkte Marktpräsenz wirkt sich positiv auf den Umsatz aus, es werden klare Verhältnisse auf steuerlicher und kaufmännischer Ebene geschaffen, zudem entfaltet die Tochtergesellschaft haftungsrechtlich eine Abschottungswirkung.
2.4 Die Zweigniederlassung
Eine Zweigniederlassung bietet sich für deutsche Unternehmen an, die zwar in Frankreich präsent sind, dort jedoch keine eigene Gesellschaft gründen möchten (etwa wegen höherer Zulassungsanforderungen). Anders als bei einer rein virtuellen Präsenz ist in Frankreich die Zweigniederlassung im Handelsregister einzutragen, sofern dort eine kaufmännische und nicht nur eine rein vorbereitende Tätigkeit ausgeübt wird.
Merkmale:
- Die Zweigniederlassung muss in Frankreich im Handelsregister eingetragen werden.
- Die Zweigniederlassung ist eine steuerlich unabhängige Struktur.
- Dennoch werden alle Verträge direkt mit der deutschen Gesellschaft abgeschlossen, da die Zweigniederlassung keine juristische Person ist. Dies gilt auch für sämtliche Arbeitsverträge, die jedoch, sofern der betreffende Arbeitnehmer seine Tätigkeit maßgeblich in Frankreich ausübt, dem französischen Recht unterliegen.
Vorteile:
- Die Formalitäten zur Eintragung einer Zweigniederlassung in Frankreich sind weniger umfangreich.
- Anders als bei der Gründung einer Tochtergesellschaft ist kein Stammkapital erforderlich und es fallen keine Kosten für einen Wirtschaftsprüfer an.
Nachteile:
- Steuerrechtlich steht die Zweigniederlassung einer Tochtergesellschaft gleich.
- Wie eine eigenständige Kapitalgesellschaft erfordert auch die französische Zweigniederlassung einen getrennten Buchungskreislauf. Die Bilanzen sind nach französischen Rechtsvorschriften zu erstellen. Im Rahmen der Bilanz sind die tatsächlichen Kosten der Zweigniederlassung sowie die Kosten, die bei der Muttergesellschaft für die Verwaltung der Zweigniederlassung angefallen sind, zu berücksichtigen. Dies bringt einen höheren Verwaltungsaufwand mit sich.
- Die Zweigniederlassung wird auch im Hinblick auf die Mehrwertsteuer wie ein selbständiges Unternehmen behandelt. Daher müssen in Frankreich eine Mehrwertsteuererklärung und Umsatzsteuerrückerstattungsanträge erstellt werden.
Fazit: In aller Regel stellen Zweigniederlassungen keine ernsthafte Alternative zu der Gründung einer Tochtergesellschaft dar, insbesondere vor dem Hintergrund, dass sie einen vergleichbaren Verwaltungsaufwand verursachen, jedoch keine Haftungsabschirmung bieten.
[1] Details zum Handelsvertreter und Vertragshändler finden Sie in unserem Merkblättern „Handelsvertreter in Frankreich“ und „Händler/Distributor in Frankreich“.
[2] Diese können aber mit einer richtigen Gestaltung vermieden werden.
01.01.2020