Inkasso in Frankreich – Verzugszinsen können geltend gemacht werden
In einer Entscheidung vom 2. November 2011 hat der oberste französische Gerichtshof (Cour de Cassation) entschieden, dass die gesetzlichen Verzugsstrafen (vergleichbar mit Verzugszinsen) nicht durch den Richter herabgesetzt werden können (Cass. com. 2 novembre 2011 n° 10-14.677 (n° 1072 F-PB), Sté Papeteries de Turckheim c/ Sté Electricité de France).
Die Entscheidung bringt Klarheit im Bereich des Inkasso in Frankreich und ermöglicht Gläubigern gegenüber ihren säumigen Vertragspartnern Verzugszinsen von 10% über dem Refinanzierungszinssatz der EZB durchzusetzen. Die Entscheidung wird auch für die in Frankreich sehr effektiven und kostengünstigen Mahnverfahren (procédure d‘injonction de payer) wesentlichen Einfluss haben, da Richter sich bislang geweigert hatten, diesen hohen Zinssatz zuzusprechen.
Nach französischem Recht muss der Verzugszinssatz in den Zahlungsbedingungen zwischen Unternehmen genau angegeben sein. Enthalten diese keine Angaben, entspricht der Zinssatz dem durch die Europäische Zentralbank für ihr jüngstes Refinanzierungsgeschäft anwendeten Zinssatz zuzüglich 10 Prozentpunkte (Art. L 441-6, Abs. 12 des Code de commerce (französisches Handelsgesetzbuch)).
Der Kassationshof hat nun entschieden, dass diese Regelung keine Vertragsstrafe darstellt, für die das französische Recht stets die Möglichkeit der Herabsetzung durch das Gericht vorsieht. Begründet wurde dies mit dem Umstand, dass es sich bei den Bestimmungen des Artikel L 441-6, Abs. 12 um dispositives Recht handele.
Der französische Kassationshof hat damit seine bisherige Rechtsprechung aufgegeben und ermöglicht Gläubigern in Frankreich nun ohne weiteres mehr als 10 % Verzugszinsen gegenüber ihren Schuldnern geltend zu machen.
Es ist angeraten, die Entscheidung bei allen Schriftsätzen vor französischen Gerichten (auch Mahnverfahren) als Anlage beizufügen, um das Gericht von der Geltendmachung derart hoher Verzugszinsen zu überzeugen.
07.12.2011