Insolvenzverfahren mit Liquidation in Frankreich
- Was genau ist ein Insolvenzverfahren mit Liquidation?
- Welche Voraussetzungen hat die gerichtliche Liquidation?
- Wer kann eine gerichtliche Liquidation beantragen?
- Wie läuft ein gerichtliches Liquidationsverfahren ab?
Die Insolvenz mit Liquidation ist ein Verfahren, dessen Bedingungen in Artikel L. 640-1 des französischen Handelsgesetzbuchs festgelegt sind. Dieser sieht vor, dass ein solches Verfahren einem Schuldner (insbesondere Kapitalgesellschaften) offensteht, der nachweist, dass er zahlungsunfähig ist (sog. cessation des paiements) und dessen Sanierung offensichtlich unmöglich ist.
Das Ziel dieses Verfahrens ist einfach: Die Insolvenz mit Liquidation soll die Tätigkeit des Unternehmens beenden und gleichzeitig seine Gläubiger befriedigen, in dem sämtliche Aktiva veräußert werden, um eine Verteilungsmasse zu schaffen. Bei kleineren französischen Tochtergesellschaften wird dieses Verfahren auch dazu genutzt, Kosten für ein Massenkündigungsverfahren zu vermeiden.
Wie bereits erwähnt, ist das Verfahren zur Insolvenz mit Liquidation in Frankreich möglich, wenn zwei Bedingungen erfüllt sind. Dabei handelt es sich einerseits um die Einstellung der Zahlungen (den Tatbestand der Überschuldung kennt das französische Recht nicht) und andererseits eine Sanierung ausgeschlossen ist.
Die Einstellung der Zahlungen ist ein Rechtsbegriff, der sich folgendermaßen erklären lässt: Unternehmen oder einen Unternehmer ist zahlungsunfähig, wenn es nicht in der Lage ist, seine fälligen Verbindlichkeiten mit seinen verfügbaren Aktiva zu begleichen. Mit anderen Worten: Man schafft es nicht mehr, seine Schulden oder deren Fälligkeiten mit den verfügbaren Mitteln (insbesondere cash) zu begleichen.
Eine unmögliche Sanierung liegt vor, wenn die Fortführung der Geschäftstätigkeit als nicht tragfähig angesehen wird, da sie unwiderruflich gefährdet ist. Wenn umgekehrt eine Sanierung des Unternehmens möglich ist, eröffnet das Gericht ein gerichtliches Sanierungsverfahren. Das Unterscheidungskriterium ist also von eminenter Bedeutung.
Die Insolvenz mit Liquidation gilt für alle Personen, die ein Handels-, Handwerks- oder Landwirtschaftsgeschäft betreiben, und für alle anderen natürlichen Personen, die eine freiberufliche Tätigkeit ausüben (z. B. Anwälte, Architekten etc.) sowie für alle juristischen Personen des Privatrechts (Artikel L. 640-2 des Handelsgesetzbuchs). Diese Liste ist weit gefasst. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass das gerichtliche Liquidationsverfahren sowohl gewerbliche Tätigkeiten betrifft, unabhängig davon, ob sie in Form einer Gesellschaft oder in eigenem Namen ausgeübt werden, als auch freie Berufe, Handwerker und Landwirte in all ihren Formen (einschließlich Mikrounternehmen, EIRL usw.).
Das Verfahren der Insolvenz mit Liquidation kann auf verschiedene Arten eröffnet werden.
Die häufigste ist die gerichtliche Vorladung, die von einem Gläubiger des Unternehmens oder des Unternehmers durchgeführt wird. Dieser kann nämlich, wenn er trotz zahlreicher Mahnungen nicht bezahlt wird, beim Gericht die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens gegen seinen Schuldner beantragen und so hoffen, dass er im Rahmen der späteren Verteilungen bezahlt wird.
Eine weitere Möglichkeit besteht darin, dass der Schuldner von sich aus bei der Geschäftsstelle des zuständigen Gerichts (Handelsgericht am Sitz des Unternehmens) eine Erklärung über die Einstellung der Zahlungen abgibt. Er stellt damit von sich aus fest, dass die Fortführung der Geschäftstätigkeit gefährdet ist, da er die fälligen Verbindlichkeiten nicht mehr mit seinem verfügbaren Vermögen begleichen kann. Er beantragt daher die Eröffnung einer Insolvenz mit Liquidation, indem er darauf hinweist, dass keine Fortführungschancen bestehen. Beachten Sie, dass dieser Antrag innerhalb einer Frist von 45 Tagen nach dem tatsächlichen Datum, an dem die Einstellung der Zahlungen festgestellt wurde, gestellt werden muss.
In sehr seltenen Fällen kann das Verfahren auch auf Antrag der Staatsanwaltschaft eingeleitet werden.
Nach Eingang des Antrags wird ein Insolvenzrichter ernannt, der den Fall verwaltet. Anschließend wird ein gerichtlich bestellter Treuhänder ernannt, der die Gläubiger vertritt, aber auch die Vermögenswerte des Unternehmens verwertet. Konkret heißt das, dass er die Zahlungsaufforderungen der Gläubiger (Forderungsanmeldungen) entgegennimmt und die Vermögenswerte des Unternehmens verkauft oder verkaufen lässt, um an Geld zu kommen. Ziel ist es, die Forderungen der Gläubiger zu begleichen.
Das Verfahren kann in Frankreich mehrere Jahre dauern, insbesondere wenn gerichtliche Schritte erforderlich sind, um Vermögenswerte wiederzuerlangen. Wenn diese Maßnahmen abgeschlossen sind und das Vermögen unter den Gläubigern aufgeteilt wurde, wird das Verfahren abgeschlossen. Wenn nicht alle befriedigt wurden, heißt es, dass das Verfahren wegen Vermögenslosigkeit geschlossen wird. Nach dieser Schließung wird die juristische Person zusammen mit der Geschäftstätigkeit gelöscht. Die von einer einzelnen natürlichen Person ausgeübte Tätigkeit wird einfach beendet.
Gegen ehemalige Geschäftsführer können Sanktionen verhängt werden und er kann im Einzelfall haften, wenn sich herausstellt, dass sie schwere Verfehlungen begangen haben, die zum Insolvenzverfahren geführt haben, sowie Betrug oder Verschleierung. Mehr zum Thema in unserem Artikel zur Haftung des Geschäftsführers in Frankreich.
25.07.2022