Französischer Kassationsgerichtshof bestätigt Ausschlussmöglichkeit eines Gesellschafters (SAS)
In seinem Beschluss vom 12. Oktober 2022 äußert sich der Kassationsgerichtshof zu den Bedingungen des Ausschlusses eines Gesellschafters einer SAS (vereinfachte Aktiengesellschaft französischen Rechts), der weiterhin Gegenstand zahlreicher Rechtsstreitigkeiten ist.
Der „erzwungene Austritt" eines Gesellschafters in einer SAS unterliegt einer strikten Regelung, hauptsächlich zur Bewahrung des allgemeinen Eigentumsrechts (an den Anteilen) (Artikel 544 des Code civil, Artikel 1, Absatz 1 des Zusatzprotokolls zur Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten).
Es kann im Dasein einer Gesellschaft vorkommen, dass sich ein Gesellschafter gezwungen sieht, gegen seinen Willen aus dem Unternehmen auszuscheiden und somit seine Anteile gezwungenermaßen abzugeben. Dieses Ausschlussverfahren kann der deutschen Anteilseinziehung angenähert werden. Auf der Grundlage von objektiven und im Voraus festgelegten Gründen, kann der Ausschluss von den anderen Gesellschaftern – oder ein durch den Geschäftsführer oder ein kollegiales Führungsorgan – entschieden werden (z. B. bei Nicht-Respekt der Satzungsbestimmungen, problematischem Verhalten, anhaltender Missstimmung, Managementfehlern, Desinteresse durch wiederholtes Fernbleiben von den Gesellschafterversammlungen…). Ziel dieses Ausschlussverfahrens ist es, den Zusammenhalt der Gesellschafter und somit die Fortführung der Geschäftstätigkeit zu gewährleisten.
Unter bestimmten Bedingungen erklärt der französische Verfassungsrat (Cour Constitutionnelle) die Regeln des französischen Handelsgesetzbuches zu den Ausschlussklauseln in SAS als vereinbar mit dem verfassungsmäßig geschützten Eigentumsrecht.
- Es muss in der Satzung der SAS vorgesehen sein, dass ein Gesellschafter gemäß den dort zitierten Bedingungen (Motiv, Verfahren, Voraussetzungen…) ausgeschlossen werden kann (C. com. art. L 227-16, al. 1).
- Ist dies noch nicht der Fall, so sollte diese Ausschlussklausel eingeführt werden, und zwar im Rahmen einer kollektiven Entscheidung der Gesellschafter unter Einhaltung der in der Satzung festgelegten Bedingungen.
- Die möglichen Begründungen des Ausschlusses müssen klar und deutlich detailliert sein.
- Das für den Ausschluss zuständige Organ muss angegeben sein. (Achtung! : Wenn es sich hierbei um die Gesellschafterversammlung handelt, muss klar statuiert sein, dass auch der auszuschließende Gesellschafter zur Abstimmung über seinen eigenen Ausschluss geladen werden muss.)
- Notwendige Einhaltung des kontradiktorischen Verfahrens bei Ausschlüssen (nicht aber bei Ausgrenzungen): Der vom Ausschluss betroffene Gesellschafter muss die Gelegenheit haben, sich zu den ihm vorgehaltenen Vorwürfen zu äußern.
- Festlegung der Berechnungsgrundlage zur Bestimmung des an den ausgeschlossenen Geschäftsführer zu zahlenden Betrags.
Etappen der Durchführung eines Ausschlusses:
1. | Feststellung des Ausschlusstatbestands und Abstimmung durch die Geschäftsleitung. |
2. | Versand einer Mitteilung an den betroffenen Gesellschafter (per Einschreiben mit Rückschein) mit Erläuterung der Gründe für den Ausschluss und dem Hinweis auf die Möglichkeit eines Gesprächs. |
3. |
Sitzung des in der Satzung für den Ausschluss zuständigen Organs in Anwesenheit des säumigen Gesellschafters. Zwei Ausgänge sind hier möglich:
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4. | Bei 3. 1.: Rückkauf der Anteile durch die Gesellschaft oder durch einen Gesellschafter (gemäß der dafür zuständigen Satzungsklausel). |
Unser Tipp:
Wir empfehlen Ihnen zunächst das Ausschlussverfahren sowie die Ausschlussgründe in der Satzung genau festzulegen, sodass das Verfahren bereits im Voraus klar dargestellt ist und bei Schwierigkeiten einfach durchgeführt werden kann. Dabei sollten Sie ganz besonders auf die Formulierung der Ausschlussgründe achten, dass diese Gründe auch objektive Gründe sind und somit als wirksam anerkannt werden.