Neueinführung der Sozialabgabenpflichtigkeit des Veräußerungsgewinns beim Verkauf französischer Immobilien (plus-value) durch EU-Ausländer
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- Rechtsanwalt Pascal Schultze der Kanzlei ITRS
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Wie wir Anfang 2013 berichtet hatten (siehe hier), wird der bei der Veräußerung französischer Immobilien, die dem Eigentümer nicht als Hauptwohnsitz dienen, anfallende Gewinn (sog. „plus-value“) besteuert. Auch deutsche Staatsangehörige, die etwa eine Ferienwohnung in Frankreich haben oder ein Haus in Frankreich erben, sind im Falle der Veräußerung ihrer Immobilie von dieser Regelung betroffen.
Bis 2015 mussten die Betroffenen neben zuvor erwähnten Steuern (in Höhe von 19 %) auch Sozialabgaben zu einem kumulierten Satz von 15,5 % zahlen. Dies betraf auch Personen, die in einem anderen Mitgliedsstaat der europäischen Union sozialabgabenpflichtig waren.
Im Jahr 2015 hatte der EuGH und in der Folge auch der französische Staatsrat („Conseil d’Etat“) die Sozialabgabenpflicht auf Veräußerungsgewinn beim Verkauf französischer Immobilien durch nicht in Frankreich gebietsansässige Personen für rechtswidrig erklärt, sofern sie einem Sozialversicherungssystem eines anderen EU- oder EWR-Mitgliedsstaats oder jenem der Schweiz angehören (sog. „De Ruyter“ Entscheidung, siehe dazu unser Artikel hier). Grund dafür war, dass mit diesen Sozialabgaben die frz. Sozialversicherungskasse („Caisse de sécurité sociale“) finanziert werden sollte, was für den Steuerzahler eine Zahlung an zwei Sozialversicherungssysteme bedeutete (in Frankreich und in dem Land, wo die Person gebietsansässig ist). Solche Doppelzahlung verstoße gegen das Prinzip der Einmaligkeit der Anwendung des Sozialgesetz („principe d’unicité de la législation sociale“).
Daraufhin hat der französische Gesetzgeber ein Gesetz verabschiedet, welches die Sozialabgabenpflicht des Veräußerungsgewinns beim Verkauf französischer Immobilien für nicht in Frankreich gebietsansässige Personen ab dem 1. Januar 2016 wiederherstellt.
Neuerungen seit dem 1. Januar 2016
Durch das Gesetz zur Finanzierung der Sozialversicherung für das Jahr 2016 vom 21.12.2015 („loi de financement de la sécurité sociale pour 2016“) werden die Sozialabgaben nicht mehr dafür verwendet, um die allgemeine Sozialversicherungskasse zu finanzieren, sondern den Solidaritätsfonds zur Altersvorsorge („fonds de solidarité vieillesse“), die Kasse zur Tilgung der Defizite der Sozialversicherung („caisse d’amortissement de la dette sociale“) und die nationalen Solidarkasse für die Autonomie behinderter Personen („caisse nationale de solidarité pour l’autonomie“).
Damit umgeht das Gesetz das Urteil des EuGH indem die Sozialabgaben auf Kapitalerträge zur Finanzierung von beitragsfreien Leistungen (sog. prestations sociales non contributives verwendet werden, wodurch eine unmittelbare und konkrete Verbindung mit bestimmten Zweigen der Sozialversicherung vermieden wird.
Das französische Verfassungsgericht („Conseil constitutionnel“) hat am 17. Dezember 2015 entschieden (Nr. 2015-723 DC), dass das Gesetz von 2016 nicht gegen die Entscheidung des EuGH verstößt.
Die Neuregelung findet auf alle seit dem 1. Januar 2016 abgeschlossenen Kaufverträge Anwendung: Ab diesem Zeitpunkt sind also nicht in Frankreich ansässige Verkäufer wieder zur Entrichtung von Sozialabgaben auf in Frankreich erzielten Immobilienwertzuwachs verpflichtet, auch wenn sie in einem anderen Mitgliedsstaat der europäischen Union sozialabgabenpflichtig sind.
Rückforderung der in den Jahren 2014 und 2015 zu Unrecht gezahlten Beiträge
Die neue Regelung betrifft aber nicht die Immobilienveräußerungen, die vor dem 1. Januar 2016 erfolgt sind. Sollte ein Verkäufer im Jahr 2014 oder 2015 Sozialabgaben auf Veräußerungsgewinn bezahlt haben obwohl er hierzu nicht verpflichtet war, so hat er Anspruch auf Rückerstattung der rechtsgrundlos gezahlten Beiträge. Nach Artikel L.190 der französischen Steuerverfahrensordnung („Livre des procédures fiscales“) verjähren solche Erstattungsansprüche innerhalb von zwei Jahren ab Zahlung.
Mit Urteil vom 19. Juli 2016 (Az. 392784) hat der französische Conseil d’Etat allerdings festgestellt, dass nicht der gesamte Sozialversicherungsbeitrag zurückgefordert werden kann. Der Solidaritätsbeitrag in Höhe von 2 % (sog. „prélèvement de solidarité“) verstößt danach nicht gegen die Grundsätze der de Ruyter-Entscheidung des EuGH und kann daher nicht zurückverlangt werden.
Die Pressemitteilung der Steuerverwaltung vom 20. Oktober 2015 beschreibt das Verfahren für die Rückforderung:
- Die Geltendmachung des Rückzahlungsanspruchs muss bei der Finanzdirektion des Départements („direction départementale des finances publiques“) am Ort der Unterzeichnung des Immobilienkaufvertrages elektronisch über die Internetseite impots.gouv. fr oder schriftlich per Post eingereicht werden.
- Beigefügt werden muss der Nachweis der Zahlung des streitigen Betrags sowie der Zugehörigkeit zu dem Sozialversicherungssystems eines Staates der EU, des EWR (Island, Lichtenstein, Norwegen) oder der Schweiz.
Das Gesetz vom 21. Dezember 2015 betrifft insbesondere Fälle, in denen Personen mit steuerlicher Ansässigkeit in Frankreich in Deutschland versicherungspflichtig sind und Einkünfte aus französischem Vermögen erzielen. Um einer Verjährung Ihrer Erstattungsansprüche zuvor-zukommen, sollten Sie schnellstmöglich Einspruch gegen die erhaltenen Steuerbescheide einlegen und die Rückzahlung zu Unrecht gezahlter Beträge beantragen bzw. einklagen. Gerne beraten wir Sie dabei.
22.03.2017