Nichtanwendbarkeit der französischen Zahlungsfristen auf internationale Kaufverträge
Die französische Kommission zur Überprüfung der Handelspraktiken (Commission d’examen des pratiques commerciales - CEPC) hat in ihrer Stellungnahme vom 24. Juni 2016 (avis n°16-12) Verträge, welche dem UN-/Wiener-Kaufrecht unterliegen, von der Anwendung der in Frankreich geltenden Höchstgrenzen für Zahlungsfristen (Art. L. 441-6 Code de commerce) ausgenommen.
Nach französischem Recht kommt der Schuldner in der Regel 30 Tage nach der Leistung (Lieferung oder Dienstleistung) in Verzug. Hiervon abweichend können die Parteien ohne weiteres auch kürzere Zahlungsfristen vereinbaren. Bei der Vereinbarung längerer Zahlungsfristen müssen sie jedoch Art. L. 441-6 Code de commerce beachten, der gesetzliche Höchstfristen festlegt: Hiernach dürfen die Parteien keine Zahlungsfristen vereinbaren, die länger sind als 60 Tage ab Versendungsdatum der Rechnung oder aber 45 Tage zum Monatsende. Vereinbaren die Parteien längere als die gesetzlich zulässigen Fristen (was in der Vergangenheit häufig Einkaufszentralen in ihren Einkaufsbedingungen durchzusetzen versuchten) drohen erhebliche Bußgelder.
Fraglich war lange Zeit, ob diese Regelungen auf für ausländische Verkäufer gelten, die nach Frankreich verkaufen. Nunmehr hat die französische Kommission zur Überprüfung der Handelspraktiken festgelegt, dass Art. L 441-6 Code de commerce nicht auf Verträge anwendbar ist, die nach UN-Kaufrecht geschlossen sind. Das UN-Kaufrecht ist ein internationales Recht für Kaufverträge, die im internationalen Warenverkehr, also etwa wenn der deutsche Verkäufers an einen Kunden mit Sitz in Frankreich Ware verkauft. Dieses Recht ist auf nahezu alle internationalen Kaufverträge deutscher Verkäufer anwendbar, es sei denn, sie haben die Anwendbarkeit des UN-Kaufrechts ausdrücklich ausgeschlossen.
Die Entscheidung der Kommission bedeutet indes nicht, dass die Vertragspartner bei der Vereinbarung von Zahlungsfristen in internationalen Verträgen künftig frei sind.
In ihrer Stellungnahme hebt die CEPC hervor, dass Klauseln, welche dem Käufer in offensichtlich missbräuchlicher Weise eine übermäßig lange Zahlungsfrist einräumen, unzulässig sind. Die Beurteilung, ob diese Grenze überschritten wurde, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab. Als wesentliche Auslegungskriterien nennt die CEPC das Verhältnis zwischen Zahlungsfrist und Vertragsgegenstand, die guten Geschäfts- und Handelspraktiken sowie die Grundsätze von Treu und Glauben.
Die Stellungnahme der CEPC ist in der Praxis der Rechtsanwender eine maßgebliche Auslegungshilfe und wird bei internationalen Verträgen letztlich dazu führen, dass im Einzelfall auch etwas längere Zahlungsfristen zulässig sein dürften.
30.06.2016