Nichtiges Wettbewerbsverbot bei Anteilskauf in Frankreich
Das französische Kassationsgericht (Cour de cassation, Kammer für Handelssachen) musste klären, ob eine Wettbewerbsverbotsklausel (clause de non-concurrence) im Zusammenhang mit dem Verkauf von Gesellschaftsanteilen rechtmäßig ist, wenn keine echte finanzielle Gegenleistung (Karenzentschädigung) gezahlt wurde und der Verkäufer zum Zeitpunkt des Abschlusses zugleich Arbeitnehmer (salarié) der Gesellschaft war.
Im vorliegenden Fall war ein Arbeitnehmer Gesellschafter geworden und hatte im Rahmen eines Gesellschaftervertrags ein Wettbewerbsverbot für den Fall des Ausscheidens akzeptiert. Vier Jahre später schied er aus dem Unternehmen aus, verkaufte seine Anteile und trat eine neue Stelle bei einer anderen Firma an. Ihm wurde seitens seines alten Arbeitgebers vorgeworfen, gegen das Wettbewerbsverbot verstoßen zu haben. Der ehemalige Arbeitnehmer berief sich jedoch darauf, die Klausel sei ungültig, da keine Karenzentschädigung vereinbart wurde. Die Vorinstanz hatte die Klausel für wirksam gehalten, weil im Vertrag (wie üblich in Unternehmenskaufverträgen) stand, die Gegenleistung sei im Verkaufspreis der Anteile enthalten.
1 Wettbewerbsverbote bei Anteilskauf – Der Verkaufspreis reicht als Gegenleistung nicht immer aus
Das Kassationsgericht stellte klar: Ist ein Wettbewerbsverbot mit einem Anteilskauf durch einen (noch) Arbeitnehmer verknüpft, muss eine echte finanzielle Gegenleistung für dieses Verbot bestehen. Dies gilt unabhängig davon, ob die Klausel im Kaufvertrag selbst oder im Gesellschaftervertrag steht. Die pauschale Einbeziehung der Gegenleistung in den Kaufpreis der Anteile genügt nicht. Die Gegenleistung muss zudem real, also tatsächlich existierend, sein und darf nicht bloß formal oder unerheblich sein. Im Ergebnis hob das Gericht das vorinstanzliche Urteil auf und verlangte eine konkrete Überprüfung, ob eine echte finanzielle Gegenleistung vereinbart und gezahlt wurde.
2 Anforderungen an ein zulässiges Wettbewerbsverbot bei Anteilskauf
Wie schon frühere Urteile betonte die Cour de cassation, dass ein Wettbewerbsverbot nur wirksam ist, wenn
- es zeitlich und räumlich beschränkt ist,
- es angemessen im Hinblick auf die zu schützenden Interessen ist
- und insbesondere für beschäftigte Anteilseigner eine echte finanzielle Kompensation (contrepartie financière réelle) vorliegt, die über den Kaufpreis für die Anteile hinausgeht.
Die von Vorinstanzen erörterte Praxis, den Wettbewerbsverzicht künstlich mit dem Verkaufspreis zu vermengen, wird von der höchsten französischen Instanz kritisch gesehen. Zwar hat die Sozialkammer des Kassationsgerichts in seltenen Fällen eine Einbeziehung erlaubt, wenn die Klausel ausdrücklich regelt, dass das Wettbewerbsverbot eine wesentliche Bedingung für die Wertermittlung der Anteile darstellt – sie fordert aber auch hierbei eine trennscharfe (erkennbare) Ausweisung, dass es sich um eine Entschädigung für das Wettbewerbsverbot und nicht nur für den Anteilsübergang handelt.
Fehlt eine solche klare und reale Gegenleistung, kann die Klausel für nichtig erklärt werden. Darüber hinaus besteht das Risiko, dass der gesamte Kaufvertrag annulliert werden könnte, wenn die Preisbildung durch die Unsicherheit über die Zusammensetzung nicht bestimmt ist.
3 Praxistipps für Unternehmen zur Gestaltung von Wettbewerbsverboten in Unternehmenskaufverträgen
- Klare und getrennte Gegenleistung einplanen:
Wird im Rahmen eines Anteilskaufs ein Wettbewerbsverbot vereinbart, muss für Arbeitnehmer-Gesellschafter eine gesonderte, transparente und angemessene finanzielle Entschädigung klar im Vertrag geregelt und im Zweifel auch separat ausgezahlt werden.
- Wettbewerbsverbote eng begrenzen:
Beschränken Sie Wettbewerbsverbote klar auf das unbedingt erforderliche Maß in Bezug auf Zeit, Ort und betriebliche Interessen, sonst droht die Nichtigkeit der Klausel.
- Steuer- und sozialversicherungsrechtliche Folgen beachten:
Die Entschädigung für das Wettbewerbsverbot wird in Frankreich sozialversicherungspflichtig und als Einkommen aus nichtselbständiger Arbeit besteuert, nicht als Kapitalertrag. Kalkulieren Sie diese Konsequenzen bei der Vertragserstellung ein.
11.12.2025