Sozialplan in Frankreich: Anhörungspflicht nach Aufhebung behördlicher Genehmigung
Im Sommer 2025 stand das französische höchste Verwaltungsgericht „Conseil d’État“ vor der praxisrelevanten Frage, wie umfassend die – zwingende – Unterrichtung und Anhörung des Betriebsrates [1] in einem Verfahren bezüglich eines Massenentlassungsprojekts mit Sozialplan [2] nach gerichtlicher Aufhebung der behördlichen Genehmigung [3] erneut durchgeführt werden muss.
Besonders heikel war dabei die Frage, ob bei einer leichten Anpassung des Sozialplans das gesamte Anhörungsverfahren, einschließlich der Fristen, zwingend zu wiederholen ist oder ob eine gezielte Nachbesserung ausreichend sein kann.
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Vorab :
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Im vorliegenden Fall hatte die Arbeitsaufsichtsbehörde (DREETS) den Sozialplan zunächst genehmigt. Diese Entscheidung wurde dennoch bestritten und vom Verwaltungsgericht aufgehoben, weil die Behörde nicht ausreichend geprüft habe, ob der Sozialplan angesichts der finanziellen Möglichkeiten des gesamten Konzerns ausreichend war (erreur de contrôle). Daraufhin überarbeitete der Arbeitgeber den Sozialplan in einigen Punkten und legte ihn wieder dem Betriebsrat vor, allerdings mit einer Frist von 7 Tagen zur Abgabe seiner Stellungnahme.
Das Verfahren wurde gerichtlich bestritten, mit dem Hauptvorwurf, dass die gesetzlich vorgeschriebenen Fristen bei dieser erneuten Vorlegung nicht vollständig eingehalten worden seien.
Der Conseil d’État stellte klar, dass die Anpassungen am Sozialplan (etwa Klarstellungen zu den Sozialauswahlkriterien und Aktualisierungen im Wiedereingliederungsplan wegen der vergangenen Zeit) nur geringfügig seien und die Aufhebung der ersten Genehmigung des Sozialplans sich allein auf einen Prüfungsfehler der Behörde bezogen habe. Damit lege kein Grund vor, das gesamte ursprüngliche Verfahren zu wiederholen, vielmehr genüge die gezielte erneute Unterrichtung des Betriebsrats innerhalb einer kürzeren Frist.
Somit soll in solchen Fällen die Restrukturierungspraxis vor ausufernden Verzögerungen bewahrt werden. Gerade in der Praxis, wenn Schnelligkeit im Restrukturierungsprozess geboten ist, kann dies entscheidend sein, um Verfahren nicht unnötig zu verzögern.
Bei wesentlichen Änderungen ist hingegen die nahezu vollständige Wiederholung des Anhörungsverfahrens zwingend.
Praxistipps:
Unternehmen sollten nach Aufhebung einer Genehmigung von einem Sozialplan genau prüfen, ob die vorzunehmenden Änderungen am Sozialplan wesentlich oder nur eher geringfügig sind:
- Bei Letzterem (redaktionelle Ergänzungen, Zeitanpassungen) ist kein vollständiges Neustart-Verfahren erforderlich; die rechtzeitige, transparente Unterrichtung des Betriebsrats genügt. Dabei sollte ihm jedoch ausreichend Zeit überlassen werden, um sich ein aufgeklärtes Bild zu machen und letztlich seine Stellungnahme abzugeben.
- Sind die Änderungen dagegen ‚wesentlich‘ bzw. ‚substanziell‘ (Anzahl der Kündigungen, Eingriffe in den Begleitmaßnahmenkatalog etc.), so ist das komplette Unterrichtungs- und Anhörungsverfahren erneut von vorne durchzuführen.
- Auch im Zweifelsfall sollte das Verfahren ganz wiederholt werden, um nachträglich schlechte Überraschungen – von einem weiteren Zeitverlust bis hin zu möglichen schwerwiegenden finanziellen Folgen aufgrund des nicht rechtmäßigen Verfahrens / Unwirksamkeit der Kündigungen – zu vermeiden.
Conseil d’État, 27. Juni 2025, Nr. 463870
[1] comité social et économique, CSE
[2] plan de sauvegarde de l’emploi, PSE
[3] homologation administrative
21.11.2025