Wichtiges zum Sonderstatus der geschützten Arbeitnehmer
Es gibt in Frankreich eine Vielzahl von geschützten Arbeitnehmern. Der Sonderstatus betrifft insbesondere Arbeitnehmer, die Mandate zur Vertretung der Mitarbeiter innehaben. Jedoch gilt der besondere Schutz auch für andere Mitarbeiterkategorien.
Beispiele hierfür sind : Personalvertreter (délégués du personnel), Betriebsratsmitglieder (membres du comité d’entreprise), Gewerkschaftsvertreter (délégués syndicaux), Arbeitnehmerberater (conseillers du salarié), gewählte Personen im Arbeitsgericht (conseillers prud'homaux) und Kandidaten bei der Betriebsrats- oder Personalvertreterwahl (candidats aux fonctions de membre du comité d'entreprise ou de délégué du personnel).
Bei bestimmten geschützten Arbeitnehmern besteht der Sonderschutz sogar nach Ablauf ihres Mandats fort. So genießen den Sonderstatus beispielsweise sowohl amtierende Gewerkschaftsvertreter als auch Beschäftigte, die diese Funktion in den vorangegangenen 12 Monaten wahrgenommen haben. Bei Personalvertretern sowie Sicherheitsrats- und Betriebsratsmitgliedern gilt der gleiche Kündigungsschutz auch weiterhin, erstreckt sich allerdings nur auf sechs Monate nach Ablauf ihrer Amtszeit.
Im Allgemeinen:
Bei der Kündigung eines geschützten Mitarbeiters müssen neben den üblichen Kündigungsverfahrensregelungen (Vorgespräch zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber, Kündigungsschreiben etc.) zusätzliche Formalitäten eingehalten werden:
- Bei bestimmten geschützten Arbeitnehmern muss nach dem Vorgespräch mit dem Betroffenen eine Anhörung des Betriebsrats vorgenommen werden, wenn diese Einrichtung im Unternehmen besteht. Dies ist insbesondere der Fall bei der Kündigung amtierender und nicht mehr amtierender Personalvertreter und Betriebsrats- und Sicherheitsratsmitglieder, von Wahlkandidaten und von Mitarbeitern, die die Organisation der Wahl verlangt haben.
Die Stellungnahme des Betriebsrats ist jedoch nicht bindend.
- Bei allen geschützten Arbeitnehmern muss die Genehmigung der zuständigen Arbeitsbehörde eingeholt werden. Der Arbeitgeber muss einen entsprechenden Antrag stellen, in welchem er die Kündigungsgründe erläutert. In den Fällen, in denen der Betriebsrat angehört werden muss, muss das Anhörungs- oder ggf. das Karenzprotokoll dem Antrag beigefügt werden.
Grundsätzlich muss die Arbeitsinspektion innerhalb einer 15-Tage-Frist über die geplante Kündigungsmaßnahme entscheiden. Diese Frist wird aber in der Praxis nicht immer eingehalten; hat die Arbeitsbehörde innerhalb von 2 Monaten keine Genehmigung erteilt, gilt der Antrag in jedem Fall als zurückgewiesen.
Die Arbeitsbehörde prüft, ob das Vorverfahren (insb. das Vorgespräch, ggf. die Anhörung des Betriebsrats) eingehalten wurde, ob die Kündigung nicht in Verbindung mit dem ausgeübten Mandat steht und ob die Kündigung des geschützten Mitarbeiters nicht aus Gründen des Allgemeininteresses (beispielhaft wenn nach der Kündigung gar keine Mitarbeitervertretung im Unternehmen mehr bestünde) verweigert werden sollte.
Wurde kein Entlassungsantrag bei der Arbeitsbehörde eingereicht, keine Genehmigung durch diese erteilt oder die Genehmigung im Nachhinein gerichtlich angefochten, ist die Kündigung nicht einfach nur unbegründet, sondern nichtig. Aufgrund dieser Rechtsfolge kann der geschützte Mitarbeiter seine Wiedereingliederung fordern und eine besondere Entschädigung verlangen.
Auch beim Übergang des Arbeitsvertrages eines geschützten Arbeitnehmers im Rahmen eines Teilbetriebsübergangs gemäß Artikels L.1224-1 des französischen Arbeitsgesetzbuches oder aufgrund einer entsprechenden tarifvertraglichen Regelung muss die Genehmigung der Arbeitsbehörde eingeholt werden.
Neues zum Thema:
- Aus dem Gesetz: Schaffung einer neuen Kategorie von geschützten Arbeitnehmern : lokale Volksvertreter
Seit dem 2. April 2015 besteht in Frankreich eine neue Kategorie von geschützten Arbeitnehmern und zwar solche, denen ein lokalpolitisches Mandat anvertraut wurde. Diese Reform soll die Involvierung von Arbeitnehmern, die für private Unternehmen arbeiten, in die lokale Politik erleichtern und somit fördern.
Der Status von geschützten Arbeitnehmern wurde allerdings ausschließlich folgenden lokalen Politikern verliehen:
- Den Bürgermeistern,
- den stellvertretenden Bürgermeistern in den Gemeinden von mindestens 10.000 Einwohnern,
- den Mitgliedern der Bezirksräte in den Gemeinden von Paris, Marseille und Lyon,
- den Präsidenten der Departements- und Regionsräte,
- den Vizepräsidenten der Departements- und Regionsräte, die eine Befugnisübertragung für die Exekutive haben.
Darüber hinaus hat das Gesetz die Möglichkeit, den Arbeitsvertrag zur Ausübung eines wichtigen politischen Mandats auszusetzen und nach dem Mandat fortzufahren, was bis jetzt nur für Gemeinden mit mindestens 20.000 Einwohnern galt, auf Gemeinden erweitert, die mindestens 10.000 Einwohner haben.
So kann ein Bürgermeister, ein Präsident oder ein Vizepräsident eines Departements- oder Regionsrats mit mindestens einem Jahr Betriebszugehörigkeit im Unternehmen die Aussetzung seines Arbeitsvertrages verlangen, um sich seinem lokalen politischen Mandat widmen zu können.
- Aus der Rechtsprechung: Bei Mandaten, die außerhalb des Unternehmens ausgeübt werden, muss der Mitarbeiter den Arbeitgeber über seinen Sonderstatus informiert haben, um den diesbezüglichen Schutz zu genießen.
Der Mitarbeiter, der ein Mandat außerhalb des Betriebes ausübt (z.B. als Laienrichter beim Arbeitsgericht oder als Vorstandsmitglied bei einer Krankenversicherungskasse), muss spätestens während des Vorgesprächs im Kündigungsverfahren den Arbeitgeber über sein Mandat informieren, um den Sonderkündigungsschutz zu genießen. Laut neuester Rechtsprechung gilt dies auch nach einem Übergang des Arbeitsvertrages im Rahmen eines Betriebsübergang: Der Mitarbeiter muss den neuen Arbeitgeber über sein Mandat informiert haben, sonst kann er sich nicht auf die Nichtbeachtung seines Sonderkündigungsschutz berufen.
Unseres Erachtens kann diese Lösung auch auf die 2015 neu geschaffte Kategorie von geschützten Arbeitnehmern analog angewendet werden: Das lokalpolitische Mandat wird außerhalb des Unternehmens ausgeübt, sodass die Informationspflicht auf jeden Fall seitens des Arbeitnehmers liegen sollte.
Praxistipp:
Der Arbeitgeber sollte alle Mandate, die intern im Unternehmen ausgeübt werden, kennen und sorgfältig beachten. Bei externen Mandaten liegt hingegen die Informationspflicht auf der Seite des Mitarbeiters, sodass eine aktive Handlung des Arbeitgebers (wie beispielsweise das Nachfragen während des Kündigungsvorgesprächs) nicht notwendig ist.
08.07.2015