Frankreich: Wirksamkeit der Aufhebungsvereinbarung („rupture conventionnelle“) trotz Mobbing
Das höchste französische Verwaltungsgericht, der Conseil d’État, befasste sich am 16. Mai 2025 mit der Frage, ob eine einvernehmliche Aufhebung des Arbeitsverhältnisses (rupture conventionnelle) einer besonders geschützten Personalvertreterin trotz behaupteter moralischer Belästigung (Mobbing) wirksam bleibt.
Vorab: Im französischen Arbeitsrecht kann eine einvernehmliche Aufhebung angefochten werden, wenn der freie Wille des Arbeitnehmenden beeinträchtigt wurde – zum Beispiel durch Zwang oder Täuschung.
Eine Personalvertreterin (CSE-Mitglied) hatte nach längerer Krankheit die Initiative ergriffen, ihr Arbeitsverhältnis einvernehmlich über die sog. „rupture conventionnelle“ zu beenden. Der Arbeitgeber ließ sich darauf ein und es wurde eine Aufhebungsvereinbarung abgeschlossen. Nachdem die – bei geschützten Arbeitnehmenden notwendige – Zustimmung der Arbeitsinspektion vorlag, machte die Arbeitnehmerin jedoch später geltend, dass ihre Willenserklärung wegen „moralischer Belästigung“ beeinträchtigt worden sei, sodass die einvernehmliche Aufhebung unwirksam sei.
Der Conseil d’État entschied jedoch: Das Vorliegen moralischer Belästigung genügt per se nicht, um die einvernehmliche Aufhebung für unwirksam zu erklären. Es müsste zusätzlich nachgewiesen werden, dass die Belästigung den Willen der Arbeitnehmerin tatsächlich beeinflusst und ihr Einverständnis beeinträchtigt hat. Im konkreten Fall hatte die Arbeitnehmerin die Initiative ergriffen, ihren Arbeitsvertrag zu beendigen und sogar anwaltliche Beratung eingeholt. Es ließ sich keinerlei Druck oder Zwang durch den Arbeitgeber nachweisen.
Damit fehlte der notwendige Nachweis, dass ihr Wille tatsächlich beeinflusst oder beeinträchtigt worden war.
Der Conseil d’État schließt sich damit der bisherigen Linie des frz. Kassationshofs (Cour de Cassation) an, der bereits entschieden hatte, dass allein das Bestehen einer Mobbingsituation nicht ausreicht, um die Wirksamkeit einer einvernehmlichen Aufhebung des Arbeitsverhältnisses anzufechten. Entscheidend bleibt, dass der freie Wille des Arbeitnehmenden tatsächlich beeinträchtigt worden sein muss.
Das Urteil schafft Rechtssicherheit für Arbeitgeber und betont zugleich die Notwendigkeit konkreter Nachweise der tatsächlichen Auswirkungen einer benachteiligenden Situation auf den Willen der betroffenen Person, wenn eine einvernehmliche Beendigung auf Basis moralischer Belästigung angefochten werden soll.
Fazit Ein geltend gemachtes Mobbing muss nachweislich den freien Willen beeinflusst haben. Ohne diesen Nachweis bleibt eine einvernehmliche Vertragsbeendigung wirksam – auch bei geschützten Arbeitnehmenden.
Praxistipps
- Am besten handelt der betroffene Mitarbeitende eigeninitiativ; dies sollte auch dokumentiert werden.
- Es sollte ausreichend Zeit zur Verfügung stehen, um alle Aspekte zu bedenken und über den Abschluss der rupture conventionnelle zu entscheiden.
- Bei einer heiklen Situation sollte gut abgewogen werden, ob die rupture conventionnelle ein sinnvoller Weg ist.
04.07.2025