Französisches Arbeitsrecht: Dauerhafte Versetzung ohne Zustimmung des Außendienstlers nicht möglich
Der französische Kassationshof (Cour de cassation) stellte erneut klar, dass eine dauerhafte Änderung des Tätigkeitsgebiets eines Mitarbeiters ohne dessen Zustimmung und ohne eine vertragliche Mobilitätsklausel durch den Arbeitgeber nicht einseitig angeordnet werden darf – selbst dann nicht, wenn der Betroffene ein Außendienstmitarbeiter ist.
Vorab: In Frankreich ist zu unterscheiden, ob ein Ortswechsel des Arbeitsplatzes für den Arbeitnehmer lediglich eine Änderung der Arbeitsbedingungen oder eine eigentliche Vertragsänderung darstellt:
Grundsätzlich kann ein Arbeitgeber (sofern keine ausdrücklich ausschließende Ortsbindung im Arbeitsvertrag festgelegt ist) seinen Mitarbeiter innerhalb desselben „geografischen Sektors“ einseitig versetzen, da dies in der Regel eine bloße Änderung der Arbeitsbedingungen darstellt.
Enthält der Arbeitsvertrag eine Mobilitätsklausel, kann gestützt auf diese auch eine Versetzung in einen anderen, ferneren Sektor erfolgen.
Fehlt eine Mobilitätsklausel, ist die Zustimmung des Arbeitnehmers zwingend erforderlich, wenn der neue Arbeitsort außerhalb des bisherigen geografischen Gebiets liegt, da dies eine Vertragsänderung darstellt.
Eine Ausnahme besteht für gelegentliche, vorübergehende Versetzungen außerhalb des gewöhnlichen geografischen Sektors im Unternehmensinteresse, sofern die vorübergehende Versetzung durch außergewöhnliche Umstände gerechtfertigt ist und der Mitarbeiter mit einer angemessenen Ankündigungsfrist über die temporäre Natur und Dauer der Versetzung informiert wird; oder wenn die Arbeitsstelle des Mitarbeiters eine hohe Reisetätigkeit auch außerhalb seines geografischen Tätigkeitsbereichs mit sich bringt (sog. reisende Arbeitnehmer).
Der Fall
Im vorliegenden Fall hatte ein Unternehmen einen Außendienstmitarbeiter dauerhaft von seinem bisherigen Vertriebsgebiet in die Region "Grand-Est" versetzen wollen, ohne dass der Arbeitsvertrag eine Mobilitätsklausel enthielt. Der Arbeitgeber argumentierte, dass die Natur der Arbeitsstelle (Außendienst) eine solche Maßnahme erlaube und dies von seinem Weisungs- bzw. Direktionsrecht gedeckt sei.
Der Kassationshof wies diese Ansicht jedoch zurück und stellte klar: Ein dauerhafter Wechsel des Tätigkeitsgebiets ohne Zustimmung des Arbeitnehmers stellt eine Vertragsänderung dar und keine bloße Änderung der Arbeitsbedingungen. Da der betreffende Arbeitnehmer die Änderung abgelehnt hatte, durfte der Arbeitgeber diese nicht einseitig durchsetzen.
Das Gericht hob hervor, dass die größere Flexibilität von Außendienstlern zwar eine temporäre und durch das Unternehmensinteresse gerechtfertigte Änderung des Tätigkeitsgebiets rechtfertigen kann, eine dauerhafte Änderung des Tätigkeitsgebiets aber ohne Zustimmung des Mitarbeiters unzulässig sei.
Infolge der einseitigen Änderung wurde dem Mitarbeiter ein Anspruch auf gerichtliche Auflösung seines Arbeitsvertrags aufgrund eines Verschuldens des Arbeitgebers (résiliation judiciaire aux torts de l’employeur) zugesprochen, mit den für den Arbeitgeber entsprechend kostspieligen Folgen (insbesondere Schadensersatz).
Résiliation judiciaire aux torts de l’employeur
In Frankreich kann ein Arbeitnehmer beim Arbeitsgericht beantragen, dass sein Arbeitsverhältnis aus wichtigen Gründen beendet wird, wenn der Arbeitgeber schwerwiegende Vertragspflichten verletzt hat.
Diese Art der Vertragsauflösung hat für den Arbeitnehmer in der Regel dieselben finanziellen Vorteile wie eine unrechtmäßige Kündigung, einschließlich Abfindungszahlungen und möglichem Schadensersatz.
Häufige Gründe, die eine solche gerichtliche Auflösung rechtfertigen können, sind die anhaltende Nichtzahlung von Gehältern, die Erniedrigung / schwere Belästigung am Arbeitsplatz, oder die unzulässige Änderung wesentlicher Vertragsbedingungen, wie in dem oben beschriebenen Fall.
Die generelle Flexibilität eines Außendienstlers ist demnach keine Blankovollmacht zur Umgestaltung seines Vertragsinhalts, auch nicht seines Einsatzortes.
Cass. soc., 11 juin 2025, n° 24-14.412
Praxistipps:
- Vermeiden Sie eine vertraglich vereinbarte Ortsbindung: Der Arbeitsort sollte nur zu Informationszwecken vorgesehen werden.
- Erwähnen Sie bei Außendienstlern die besonders hohe Reisetätigkeit im Arbeitsvertrag.
- Sollte eine geografische Flexibilität gewünscht sein, sollten Sie eine klare und gültige Mobilitätsklausel vertraglich vorsehen.
- Bei einer dauerhaften Änderung des Arbeitsorts oder des Tätigkeitsgebiets, die nicht von der Mobilitätsklausel abgedeckt ist, sollten Sie die Zustimmung des betroffenen Arbeitnehmers einholen.
02.07.2025