Französisches Arbeitsrecht: Rückzahlung der Abfindungen bei Kündigungsanfechtung und Wiedereinstellung
Der französische Kassationshof (Cour de cassation) stellte erneut klar, dass ein Arbeitnehmer, dessen Kündigung für nichtig erklärt wird und der daraufhin im Betrieb wiedereingestellt wird, keinen Anspruch auf die üblichen Abfindungen hat, die sonst mit Beendigung des Arbeitsverhältnisses einhergehen (indemnités de rupture).[1]
Vorab
Im französischen Arbeitsrecht ist die Nichtigkeit einer Kündigung eine Ausnahme und keinesfalls die Regel. Sie wird nur bei besonders schweren Verstößen gegen wesentliche Schutzvorschriften (wie z. B. Diskriminierung & Mobbing) oder bei Arbeitnehmern mit einem Sonderkündigungsschutz (wie etwa Personalvertreter oder Schwangere) vorgesehen.In den allermeisten Fällen kommt es lediglich zu der Feststellung, dass die Kündigung unbegründet ist (licenciement sans cause réelle et sérieuse), was zwar zu einer finanziellen Entschädigung, nicht aber zur Rückabwicklung des Arbeitsverhältnisses führt.
Umgekehrt kann ein Arbeitnehmer bei einer nichtigen Kündigung (licenciement nul) unter Umständen sogar seine Wiedereinstellung im Betrieb verlangen.
Der Fall
Ein Arbeitnehmer war im Rahmen einer von seinem Arbeitgeber ausgesprochenen Kündigung aus dem Unternehmen ausgeschieden und hatte sämtliche mit der Beendigung verbundenen Zahlungen erhalten.
Nachdem die Kündigung später gerichtlich für nichtig erklärt wurde, verlangte der Arbeitnehmer seine Weiterbeschäftigung, wollte gleichzeitig jedoch auch die bereits erhaltenen Zahlungen aufgrund der Beendigung behalten.
Im Mittelpunkt stand somit die Frage, ob durch die gerichtliche Feststellung der Nichtigkeit einer arbeitgeberseitigen Kündigung die gesetzlich oder tarifvertraglich vorgesehenen Abfindungen aufgrund der Beendigung zu Unrecht gezahlt wurden.
Der Kassationshof entschied, dass der wiedereinzustellende Arbeitnehmer lediglich einen Anspruch auf eine Zahlung in Höhe der zwischenzeitlich entgangenen Gehälter hat, also für den Zeitraum zwischen Ausscheiden und Wiedereinstellung. Dagegen habe er die üblichen Zahlungen aufgrund der Beendigung zurückzuerstatten, denn die Grundlage für eine Auszahlung solcher Abfindungen entfällt rückwirkend, da rechtlich keine Trennung mehr vom Unternehmen vorliegt. Hat der Arbeitnehmer also bereits Abfindungen oder andere Leistungen bei Wirksamwerden der Kündigung erhalten, muss er diese seinem Arbeitgeber zurückzahlen.
Cass. soc., 9 juillet 2025, n° 23-21.863
Praxistipps
- Verlangt der Arbeitnehmer die Nichtigkeit der Kündigung und seine Wiedereinstellung, ist es ratsam, einen Gegenantrag auf Rückzahlung der Beendigungsabfindungen zu stellen.
- Darüber hinaus sollte ggf. die Verrechnung der zwischen dem Ausscheiden und der Wiedereinstellung bezogenen Gehälter (etwa aufgrund einer weiteren Tätigkeit) oder Lohnersatzleistungen (z. B. Arbeitslosengeld) verlangt werden.
[1] Dabei handelt es sich um sämtliche Abfindungs- und Entschädigungszahlungen, die bei der Beendigung eines französischen Arbeitsverhältnisses gezahlt werden müssen (es sei denn, es liegt ein schwerwiegendes Verschulden des Arbeitnehmers vor, sog. „faute grave“ oder „faute lourde“). Dazu gehören vor allem die gesetzliche bzw. tarifvertragliche Kündigungsentschädigung („indemnité de licenciement“) und die Entschädigung in Höhe der anfallenden Gehälter bei nicht eingehaltener Kündigungsfrist.
04.09.2025