Insolvenzausfallgeld in Frankreich
Die jüngste Entscheidung des Kassationsgerichts klärt die Rolle und Aufgaben der französischen Insolvenzgeldkasse (AGS) in Fällen von Unternehmensinsolvenz oder Liquidation.
Wenn ein Unternehmen in Frankreich in Insolvenz oder Liquidation gerät, übernimmt die Insolvenzgeldkasse (AGS) die Gehälter und Entschädigungen zugunsten der Mitarbeiter gegen Vorlage einer entsprechenden Gehaltsliste durch den Insolvenzverwalter oder Liquidator.
In dem entschiedenen Fall wurde über das Vermögen eines Unternehmens, das massive wirtschaftliche Schwierigkeiten hatte, ein Insolvenzverfahren eröffnet. Ein Insolvenzverwalter wurde ernannt. Kurz darauf wurde das Unternehmen an einen Dritten verkauft und liquidiert.
Der Insolvenzverwalter beantragte daraufhin bei der AGS die Zahlung der Gehälter und Überstunden, die den Mitarbeitern des Unternehmens zustanden. Die AGS machte die Zahlung vom Beweis abhängig, dass das Unternehmen selbst nicht über die Mittel verfügte, die Ansprüche selbst zu erfüllen. Schließlich lehnte die AGS die Übernahme der Kosten ab.
Das Berufungsgericht von Poitiers verurteilte die AGS in einem Urteil vom 14. Juni 2022 dazu, die Kosten zu übernehmen. Die AGS legte daraufhin eine Revision ein.
Gegenstand des Rechtsstreits war die Frage, ob die AGS ein Prüfungsrecht hat oder aber auf erstes Anfordern durch den Insolvenzverwalter bzw. Liquidator zu zahlen hat.
In einem Urteil vom 7. Juli 2023 (Az. Nr. 22-17.902) hat der Kassationshof entschieden, dass der AGS kein Prüfungsrecht zustehe, weil dieses im Rahmen von Insolvenz- und Liquidationsverfahren – anders als beim Sanierungsverfahren (procédure de sauvegarde – vgl. unser Video zu vorinsolvenzlichen Verfahren) – gesetzlich nicht vorgesehen ist.
Die Entscheidung verwundert nicht, entspricht sie doch der Rechtslage in Frankreich. Der Rechtsstreit zeigt, dass die Insolvenzausfallkasse in Frankreich immer wieder versucht, Zahlungen zu verzögern oder zu blockieren, was insbesondere Restrukturierungsbemühungen des Insolvenzverwalters verzögern oder sogar unmöglich machen kann. Es ist zu begrüßen, dass der Kassationshof unterstrichen hat, dass der AGS kein Prüfungsrecht hat, weil die Insolvenzausfallgelder somit schneller durch den Insolvenzverwalter unter Berufung auf diese Rechtsprechung beantragt und von der AGS ausgezahlt werden können.
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18.08.2023