Sprachwahl
Verpflichtung des Arbeitgebers, sämtliche arbeitsrechtliche Dokumente, auf Französisch zu verfassen oder zu übersetzen
In einer viel beachteten Entscheidung vom 2. März 2006 hat die erste Zivilkammer des Berufungsgerichts von Versailles (Cour d’appel) entschieden, dass ein amerikanisches Unternehmen verpflichtet ist, den Arbeitnehmern seiner französischen Tochtergesellschaft sämtliche Dokumente in französischer Sprache vorzulegen. Die Gesellschaft wurde zur Zahlung eines Zwangesgeldes von 580.000 EUR verurteilt. Das Urteil ist auch für deutsche Unternehmen von Relevanz.
Das Berufungsgericht von Versailles (Cour d’appel) beruft sich dabei folgerichtig auf das sog. Toubon-Gesetz über den Gebrauch der französischen Sprache und erinnert an die Bestimmungen des Artikels L 122-39-1 des Arbeitsgesetzbuches. Hiernach ist jeder Arbeitgeber verpflichtet, seinen Arbeitnehmern alle Dokumente, die Verpflichtungen oder Bestimmungen enthalten, deren Kenntnis zur Ausübung der Arbeit erforderlich sind, auf Französisch verfügbar zu machen.
Die betroffene Gesellschaft berief sich auf einen Ausnahmetatbestand des Sprachschutzgesetzes, wonach Dokumente, die aus dem Ausland stammen oder für Ausländer bestimmt sind, nicht von der Sprachenregelung betroffen sind. Diese Argumentation wurde indes durch das Gericht mit dem Hinweis darauf verworfen, dass die in Frage stehenden Unterlagen zwar auch für einen Einsatz im Ausland bestimmt waren, jedoch auch eine Vielzahl von Mitarbeitern in Frankreich mit ihnen arbeiten mussten. Eine Benutzung von Unterlagen auch in anderen EU-Staaten entbinde nicht von der Verpflichtung, die Vorgaben des Sprachschutzgesetzes einzuhalten.
Das von ausländischen Unternehmen mit Frankreichaktivitäten bislang selten beachtete Sprachschutzgesetz gewinnt durch die vorliegende Entscheidung wieder an Brisanz. Im Ergebnis ist jedem deutschen Unternehmen, das in Frankreich Mitarbeiter beschäftigt, angeraten, sämtliche Unterlagen und technischen Dokumente, die französischen Arbeitnehmern zur Verfügung gestellt werden, allen voran aber nicht ausschließlich den eigentlichen Arbeitsvertrag in die französische Sprache zu übersetzen.
08.05.2006