Steuerliche Haftung von Geschäftsführern in Frankreich
Die steuerliche Haftung eines Geschäftsführers in Frankreich ist ein sensibles Thema, insbesondere im Kontext der Liquidation von Gesellschaften. Das jüngste Urteil der französischen Handelskammer vom 27. November 2024 (Nr. 23-18.572) unterstreicht die strikte Auslegung der Haftungsregelungen. Im Fokus steht dabei Artikel L. 267 des „Livre des procédures fiscales“ (Steuerverfahrensbuch), der die Haftung des Geschäftsführers auf Steuerforderungen und Strafzahlungen beschränkt, jedoch keine Zinsen einschließt.
- Rechtliche Grundlage und Praxis
Artikel L. 267 CGI sieht vor, dass ein Geschäftsführer in Frankreich nur dann für die steuerlichen Schulden einer Gesellschaft haftbar gemacht werden kann, wenn ihm „manipulatives Verhalten“ oder „schwere wiederholte Pflichtverletzungen“ vorgeworfen werden. Diese Haftung gilt nur für die eigentlichen Steuerbeträge und etwaige Strafen, nicht jedoch für Verzugszinsen, wie das oben genannte Urteil bestätigte. Verzugszinsen fallen damit ausschließlich in die Verantwortung der Gesellschaft, nicht des Geschäftsführers persönlich.
Im konkreten Fall wurde eine französische Kapitalgesellschaft im Jahre 2017 im Rahmen eines Insolvenzverfahrens liquidiert und 2019 mangels Masse geschlossen. 2020 verklagte das zuständige Finanzamt die Geschäftsführer auf eine Zahlung von 379.318 Euro, darunter 365.168 Euro für Steuerverbindlichkeiten und 18.150 Euro für Strafzahlungen sowie Verzugszinsen. Während die Strafen und Steuerbeträge vom Gericht zugesprochen wurden, hob der französische Kassationshof die Verurteilung zur Zahlung der Verzugszinsen, die in Frankreich erheblich höher sind als in Deutschland, auf.
- Wichtige Grundsätze der Haftung
Das Urteil bekräftigt folgende Prinzipien:
- Strikte Anwendung des Gesetzes: Die Haftung des Geschäftsführers kann nicht über die im Gesetz definierten Tatbestände hinausgehen. Verzugszinsen sind nicht umfasst.
- Kausalitätsnachweis: Die Steuerbehörde muss nachweisen, dass das Verhalten des Geschäftsführers direkt zur Uneinbringlichkeit der Steuerschulden geführt hat.
- Ausschlussklausel: Liegt keine alleinige Verantwortung des Geschäftsführers vor und sind andere Umstände mitverantwortlich, wird die Haftung ausgeschlossen.
- Bedeutung für die Praxis
Das Urteil signalisiert eine positive Entwicklung für Geschäftsführer in Frankreich. Es stärkt deren Rechte, indem es die Haftungsreichweite begrenzt und fordert, dass die Steuerbehörde belastbare Beweise für ein schuldhaftes Verhalten vorlegen muss. Für Geschäftsführer bedeutet dies jedoch auch, dass präzise Compliance-Maßnahmen notwendig sind, um Haftungsrisiken zu minimieren.
- Praxistipps:
- Dokumentation: Organisieren Sie die Buchhaltung ihrer französischen Tochtergesellschaft mit kompetenten Steuerberatern in Frankreich.
- Beratung: Regelmäßige Prüfungen durch einen Wirtschaftsprüfer können weiteren Schutz bieten.
- Haftpflichtversicherung: Eine D&O-Versicherung (Directors and Officers Liability Insurance) hilft, persönliche Risiken zu minimieren.
- Schulungen: Geschäftsführer sollten sich regelmäßig über ihre Rechte und Pflichten informieren lassen.
20.01.2025