Übernahme von Rechtsgeschäften einer Gesellschaft in Gründung in Frankreich
Drei Urteile des französischen Kassationsgerichtshofs vom 29. November 2023 (Cour de cassation) sorgen für eine Lockerung der Voraussetzungen zur Übernahme von Rechtsgeschäften, die für eine Gesellschaft in Gründung abgeschlossen worden sind.1
Nach französischem Recht gilt der Grundsatz, dass eine Gesellschaft, die nicht im Handelsregister eingetragen ist und der noch keine Handelsregisternummer vergeben wurde, noch keine juristische Person darstellt. Es handelt sich dabei um eine sog. Gesellschaft in Gründung (société en formation), die keine Rechtsgeschäfte im eigenen Namen abschließen kann. In Rahmen des Gründungsprozess muss die GiG, bzw. deren Gesellschafter, jedoch manche Rechtsgeschäfte abschließen (Eröffnung eines Bankkontos, Miete von Büroräumen oder Abschluss eines Domizilierungsvertrags). Grundsätzlich kann die Gesellschaft nach ihrer Eintragung diese Verträge nur dann im eigenen Namen übernehmen, wenn die Parteien des Vertrages die gemeinsame Absicht hatten, den Vertrag im Namen oder auf Rechnung der Gesellschaft in Gründung abzuschließen. Bei einer wirksamen Übernahme werden dann diese Verpflichtungen dann als von Anfang an von der Gesellschaft eingegangen betrachtet.
! Achtung: Sollten die Rechtsgeschäfte nicht übernommen werden, ist allein deren Unterzeichner persönlich aus ihnen verpflichtet, somit in der Regel einer der Gründungsgesellschafter.
Nach bisheriger Rechtsprechung konnten nur Rechtsgeschäfte und Verträge wirksam übernommen werden, die auch ausdrücklich im Namen und auf Rechnung der Gesellschaft in Gründung abgeschlossen wurden, weshalb in der Praxis bei allen Rechtsgeschäften in der Gründungsphase aus Beweisgründen der Unterzeichnung der Vermerk „Im Namen und auf Rechnung der Gesellschaft in Gründung“ vorangestellt wurde. Dabei wurde dieser Grundsatz durch die Richter streng angewendet, beispielsweise wurde entschieden, dass der Hinweis, dass die vertragsschließende Gesellschaft "in der Eintragung" war nicht ausreichend (Cass. com. 13-11-2013 no 12-26.158 F-D). Dieser strenge Formalismus sollte einerseits für Rechtssicherheit schaffen und andererseits Vertragspartner schützen, indem diese darauf aufmerksam gemacht werden sollten, dass ihr Vertragspartner von Rechts wegen und rückwirkend wechseln würde, sobald die Gesellschaft eingetragen wurde. Die strenge Anwendung dieser Voraussetzungen durch die Richter führte im Streitfall zur Nichtigkeit eines Rechtsgeschäfts, dass während dem Gründungsprozess ohne den obengenannten Vermerk abgeschlossen wurde.
! Neue Rechtsprechung: Der französische Kassationshof ist von dieser strengen Sichtweise in den drei oben genannten Urteilen nunmehr abgewichen und hat entscheiden, dass ein Rechtsgeschäft auch ohne ausdrücklichen Vermerk von der Gesellschaft nach ihrer Eintragung übernommen werden kann, wenn nachgewiesen werden kann, dass es die gemeinsame Absicht der Parteien war, den Vertrag im Namen oder auf Rechnung der Gesellschaft in Gründung abzuschließen. Der gemeinsame Wille muss aber aus den Gesamtumständen erkennbar sein.
Aus Gründen der Vorsicht empfehlen wir jedoch weiterhin den ausdrücklichen Vermerk „Im Namen und auf Rechnung der Gesellschaft in Gründung“ jeder Unterzeichnung von Verträgen voranzustellen, die in der Gründungsphase der Gesellschaft abgeschlossen wurden, um jegliche Auslegungsschwierigkeit zu vermeiden.
1 Cass. com. 29-11-2023 n° 22-12.865 FS-BR, Sté Bypa c/ Sté Fayett Valley / Cass. com. 29-11-2023 n° 22-18.295 FS-BR, X c/ Sté Mja / Cass. com. 29-11-2023 n° 22-21.623 FS-BR, X c/ Sté Holding BSP.
13.12.2023