Streikende zahlen in Frankreich einen hohen Preis für ihren Protest
Kein Land ist so bekannt für seine Streikkultur wie Frankreich.
Während das Personal in den Notfallaufnahmen oder die Feuerwehr bereits seit mehreren Monaten streiken, legen die Bahnmitarbeiter nun seit Anfang Dezember 2019 den kompletten Bahnverkehr lahm, um gegen die beabsichtigte Rentenreform zu protestieren.
Was viele im Ausland häufig gar nicht wissen: Die streikenden Arbeitnehmer und Beamten verzichten dabei oft auf ihr gesamtes Einkommen. Anders als in Deutschland bestehen in Frankreich in der Regel nämlich keine effizienten Streikkassen bei den Gewerkschaften.
Tatsächlich gilt die Gewerkschaft CFDT praktisch als einzige nationale berufsübergreifende französische Gewerkschaft mit einer Streikkasse, die von einem Teil der Mitgliedsbeiträge finanziert wird: Für einen Streik über 7 Stunden erhält der streikende Vollzeitbeschäftigte, der seit mindestens 6 Monaten Mitglied der CFDT ist, 7,30 € pro Stunde. Zum Vergleich: Der Mindeststundenbruttolohn beträgt 10,15 €.
Ansonsten sind Arbeitnehmer und Beamte auf Spenden angewiesen. Die französische Bevölkerung ist in dieser Hinsicht großzügig, je nach Streik werden sechs- bis siebenstellige Beträge zur Unterstützung der Streikenden gesammelt. Aber davon bekommen die Streikenden am Ende oft nur wenige Euro. Beispielsweise wurden 2018 beim Streik der Eisenbahner insgesamt fast 1,2 Millionen Euro gesammelt, wovon jeder Streikende am Ende lediglich 7 bis 15 Euro pro Streiktag erhielt.
Wie lange die aktuellen Proteste unter diesen Bedingungen noch weitergehen können, ist demnach unklar. Die Streikenden machen jedoch einen resoluten Eindruck.
14.01.2020